Massaker von Deir Yassin vor 60 Jahren
Das ehemalige palästinensische Dorf Deir Yassin im Nordwesten von Jerusalem – heute das Stadtviertel Givat Schaul – ist trauriges Symbol dessen, was die Palästinenser heute als „Nakba“, das Trauma von Flucht und Vertreibung, bezeichnen. Die israelische Organisation Zochrot („Erinnern“) bemüht sich darum, dass die Auswirkungen der israelischen Staatsgründung für die palästinensische Bevölkerung nicht in Vergessenheit geraten.
Rund 400 palästinensische Ortschaften wurden im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 zerstört und etwa 700 000 Palästinenser mussten ihre Heimat verlassen.
Das Massaker von Deir Yassin geschah im April 1948, wenige Wochen vor Ende der britischen Mandatszeit über Palästina. Die arabische Welt lehnte den Beschluss der Vereinten Nationen ab, das Land in einen jüdischen und arabischen Staat aufzuteilen. Auch extremistisch-nationalistische jüdische Kreise waren nicht einverstanden. Sie wollten einen Staat mit mehr Land und weniger arabischen Einwohnern. Die Lage spitzte sich zu, je näher der Tag rückte, an dem die Briten abziehen wollten. Araber hielten Proteststreiks ab, fast täglich kam es zu bewaffneten Überfällen und Attentaten von beiden Seiten.
Mitglieder der israelischen Untergrundorganisationen „Irgun“ und „Lehi“ griffen das palästinensische Dorf Deir Yassin, an und brachten es in ihre Gewalt. Sie gingen von Haus zu Haus und erschossen wahllos Bewohner, auch Alte, Frauen und Kinder. Der Plan der Untergrundkämpfer: Palästinenser, die auf dem Gebiet des geplanten jüdischen Staates lebten, sollten vertrieben werden. Erst als orthodoxe Juden aus der Nachbarschaft in den Ort kamen und beschworen, dass Deir Yassin immer friedlich gewesen sei, endeten die Erschießungen.
Die Führung der offiziellen jüdischen Untergrundbewegung „Hagana“ verurteilte damals das Massaker. Die Täter wurden aber nie zur Rechenschaft gezogen.
Deir Yassin galt lange als ein dunkles und verdrängtes Kapitel der israelischen Vergangenheit. Inzwischen haben auch israelische Historiker eingeräumt, dass es systematische Vertreibung und Deportation in den Monaten vor und nach der Gründung des Staates Israel gab.
Ohne Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist eine bessere Zukunft nicht möglich, meint die israelische Organisation „Zochrot“. Deswegen betreibt sie aktive Erinnerungsarbeit in ehemaligen palästinensischen Dörfern und Städten in Israel mit Besichtigungen, Dokumentationen, Veranstaltungen. Sie spricht gezielt ein jüdisch-israelisches Publikum an mit dem Ziel, durch das Aufbrechen dieses tabuisierten Themas eine größere Anerkennung und Übernahme von Verantwortung für die Folgen dieser Politik durch die israelische Gesellschaft zu erreichen.