Donnerstag, 15. August 2013

+++Sinti und Roma wollen "Zigeunersauce" verbieten lassen+++


Sie ist rot, sie ist lecker, jetzt ist sie auch umstritten: die Zigeunersauce. Ein Verband von Sinti und Roma fühlt sich von der Namensgebung diskriminiert und will die Bezeichnung ändern lassen. Die Hersteller wollen dem aber nicht folgen.

Streit um die Zigeunersauce: Ein Verein von Sinti und Roma in Hannover hat die Hersteller der Saucen aufgefordert, diese wegen des diskriminierenden Begriffs umzubenennen. Die Hersteller verweisen auf die mehr als 100-jährige Tradition der Saucen und sehen in dem Namen keinen Rassismus. Dennoch wollen sie den Einwand nicht leichtfertig vom Tisch wischen. Noch unklar ist für sie, ob es sich um den Protest Einzelner oder eine breite Unzufriedenheit handelt. „Pikante Sauce“ oder „Paprika-Sauce“ schlägt die Anwältin des Vereins als Alternative vor.

„Ich hoffe, dass die Konzerne ein Einsehen haben und sagen, die Leute haben recht und nennen ihre Produkte anders“, sagt der Vorsitzende des „Forums für Sinti und Roma“ in Hannover, Regardo Rose. Er fühle sich diskriminiert und beschimpft, wenn von Zigeunern die Rede sei, neun Geschwister und weitere Familienmitglieder von ihm seien im Konzentrationslager ermordet worden. Außerdem habe die Zigeunersauce keine kulinarischen Wurzeln in der Küche der Roma und Sinti, sondern eher in Ungarn.

„Das Wort Zigeuner ist unumstritten diskriminierend“

„Ich denke nicht, dass die Hersteller sich des Vorwurfs aussetzen wollen, rassistisch oder diskriminierend zu sein“, ergänzt Anwältin Kerstin Rauls-Ndiaye, die den Vorstoß begleitet. Es handele sich um ein höfliches, außergerichtliches Schreiben. „Das Wort Zigeuner ist unumstritten diskriminierend, da macht es die Sauce nicht besser“, meint Kanzleikollege Dündar Kelloglu zu der Diskussion.

Der Verband der Hersteller kulinarischer Lebensmittel in Bonn erklärt, dass man nach einem ähnlichen Protest vor einem halben Jahr den Zentralrat der Sinti und Roma und weitere Organisationen um eine Einschätzung gebeten, aber keine Antwort erhalten habe. „Für uns war es wichtig herauszufinden, ob das alle so sehen oder nur ein Einzelner“, sagt Verbandsgeschäftsführer Markus Weck.

Auch Kritik am Eskimo-Eis

Auch der Lebensmittelkonzern Unilever, der unter der Marke Knorr Zigeunersauce anbietet, verweist auf die lange Tradition des Begriffs und sieht keinen negativen Beiklang. Es gebe häufiger Produkte, die nach Gegenden oder Volksgruppen benannt seien, erklärte ein Sprecher. So habe es vereinzelte Kritik an dem in Österreich vermarkteten Eskimo-Eis gegeben, weil der Begriff von den Polarbewohnern auch als Schimpfwort gesehen wird. Nach einem Dialog sei es bei dem Namen geblieben.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma warnte am Mittwoch vor einer dogmatischen Sprachregelung und rief zu einem kritischen, reflektierten Sprachgebrauch auf. Bei Begriffen wie Zigeunersauce oder Zigeunerschnitzel sei es unsinnig, den Begriff „Zigeuner“ durch die Eigenbezeichnung „Sinti und Roma“ zu ersetzen und ziehe das eigentliche Anliegen der Sinti und Roma ins Lächerliche. Die Diskussion erinnert an die Debatte um das Wort „Neger“ und „Zigeuner“ in Kinderbüchern. Ein Verlag hatte diese Begiffe kürzlich aus den Texten gestrichen.

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