Das Rechtssystem der Inka
Im „Land der vier Teile“, wie die Inka ihr Reich nannten, lebten bis zu 13 Millionen Menschen. Um ein so gewaltiges Reich unter Kontrolle zu halten, führten die Inka nicht nur eine hierarchische Verwaltung ein, sondern auch ein striktes Rechtssystem. Die Härte der Strafen sorgte dafür, dass es kaum zu Verbrechen kam.
Auspeitschen, Steinigen oder Vierteilen - das Rechtssystem der Inka kannte eine Vielzahl an Möglichkeiten, Verbrechen zu ahnden und sorgte nicht zuletzt durch die harten Strafen für eine geringe Verbrechensquote. So wurde der Verurteile in schwerwiegenderen Fällen ausgepeitscht, ihm ein Körperteil abgeschnitten oder er zum Tode verurteilt. Für weniger schwere Vergehen sprachen die Inka Verwarnungen aus oder schnitten die Haare des Straftäters ab.
Dabei richtete sich die Härte der ausgesprochenen Strafen oftmals nach Art des Verbrechens sowie opferspezifischen Gesichtspunkten: Es wurde unterschieden zwischen Delikten gegen den Staat und seine Institutionen, und Delikten gegen Individuen und die soziale Ordnung. Auch zwischen kommunalem und privatem Eigentum differenzierten die Inka, wobei kommunales Eigentum einen höheren Wert besaß.
Als eines der schlimmsten Verbrechen galt zum Beispiel die Tötung. Hier wurde nach sozialen Gesichtspunkten abgestraft: Während der Mord an einem Angehörigen des provinziellen Adels mit Vierteilung geahndet wurde, gab es für den Mord an einem gewöhnlichen Bauern lediglich Strafe durch die Peitsche.
Auch andere Straftaten wurden schwer geahndet, beispielsweise Ehebruch. Spanische Chronisten berichteten von einem Fall, bei dem eine für den Inka- Herrscher bestimmte Frau ein Verhältnis zu einem Dorfoberhaupt hatte. Der Richter bestrafte hierbei nicht nur das Paar, sondern auch deren Angehörige; durch die sogenannte Sippenhaft hatten sich auch die Familien für den Fehltritt des Paares zu verantworten. In diesem Fall lautete das Urteil, dass alle Nachkommen des Dorfoberhauptes bis zum Alter von zehn Jahren von einem Felsen gestoßen werden sollten.
Die Rechtsprechung oblag dabei nach Gewohnheitsrecht den Provinzen; über Verfahren auf Reichsebene ist kaum etwas bekannt. Das Oberhaupt eines Dorfes ahndete beispielsweise kleinere Delikte, schlichtete Grenzstreitigkeiten sowie Auseinandersetzungen. Lediglich bei Verbrechen, die die Autorität des Inkakönigs selbst betrafen, wurden Sonderrichter entsandt.
Im Verfahren hörten sich die Richter die Aussagen von Zeugen an und vernahmen den Angeklagten. Gelegentlich setzten sie auch Folter ein, um ein Geständnis zu erhalten. Bisweilen kam es zu einem Gottesurteil, bei dem der Angeklagte in eine Zelle mit wilden Tieren gesperrt wurde. Überlebte er die Prozedur zwei Tage, galt er als unschuldig.
Anschließend wurde das Urteil ohne Einspruchsmöglichkeit gesprochen und an die Vorgesetzten weitergegeben. Über die strukturierten Verwaltungswege gelangten die Hauptverbrechen der entferntesten Provinzen theoretisch bis in den Herrscherpalast.
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