Fast schon filmreif hat ein französischer Schwerverbrecher seine Flucht aus einer Haftanstalt in Lille inszeniert. Der Mann sprengte zahlreiche Türen, möglicherweise schmuggelte seine Frau den Sprengstoff in das Gefängnis - in Tempopackungen.
Spektakulärer hätte auch ein Hollywood-Autor den Ausbruch kaum choreografieren können. Einem der berüchtigsten Kriminellen Frankreichs ist die Flucht aus dem Gefängnis gelungen. Der als "besonders gefährlich" eingestufte Redoine Faïd bahnte sich mit Sprengstoff den Weg ins Freie. In der Haftanstalt von Sequedin nahe Lille hatte er zudem vier Wärter als Geiseln genommen, diese auf der Flucht aber frei gelassen. Die Fahndung nach dem Ausbrecher läuft auf Hochtouren.
Die Aktion begann laut französischen Medien gegen 8.30 Uhr am Samstagmorgen, als Faïd die Wärter in seine Gewalt brachte. Etwa eine halbe Stunde später sprengte er insgesamt fünf Gefängnistüren. Eine erste Geisel ließ der Ausbrecher unmittelbar nach dem Verlassen der Anstalt frei, eine zweite einige hundert Meter weiter. Die letzten beiden wurden an einer Autobahn ausgesetzt, wie Staatsanwalt Frédéric Fèvre mitteilte.
Nach Angaben der Behörden flüchtete Faïd mit einem Fahrzeug, bevor er es auf der Autobahn in Brand steckte. Anschließend sei er in ein zweites Fahrzeug gestiegen, nach diesem werde nun gefahndet. Bei der Jagd nach dem 40-Jährigen setzte die Polizei auch Hubschrauber ein. Faïd trage immer noch Waffen und Sprengstoff bei sich, warnte Fèvre.
Justizministerin Christiane Taubira erklärte nach einem Besuch der Anstalt nahe der Grenze zu Belgien, bei der Suche nach dem Flüchtigen sei auch Interpol eingeschaltet worden. Zudem sei ein europaweiter Haftbefehl ausgestellt worden.
Zunächst konzentriere sich die Fahndung auf Belgien, das nur rund 15 Kilometer von Sequedin entfernt ist. Die Suche werde aber auf den gesamten Schengen-Raum "und darüber hinaus" ausgeweitet, sagte Taubira.
Schmuggel in der Tempopackung?
Wie Faïd an Waffe und Sprengstoff kam, war zunächst unklar. Möglicherweise wurden sie ihm während der Besuchszeit am Morgen zugesteckt. Nach Angaben des Chefs der Gewerkschaft Ufap-Unsa, Etienne Dobremetz, hatte Faïds Frau den Häftling am Samstag besucht.
Dabei soll er nach unbestätigten Meldungen den Sprengstoff in Taschentuchpackungen bekommen haben. Ihr Anwalt wies eine mögliche Verwicklung seiner Mandantin energisch zurück. Offenbar war auch ein Besuch von Faïds Bruder angekündigt. Ob dieser wirklich in dem Gefängnis war, ist offen.
Faïd ist mutmaßlich für einen Raubüberfall im Mai 2010 verantwortlich, bei dem eine junge Polizistin im Département Val-de-Marne getötet wurde. Nachdem Faïd der Polizei monatelang entwischt war, wurde er im Juni 2011 schließlich gefasst und in der Haftanstalt Sequedin untergebracht.
Der Kriminelle hatte Ende 2010 ein Buch veröffentlicht, in dem er sich als geläutert darstellt und seinen Aufstieg vom Kleinkriminellen zum Spezialisten für Raubüberfälle auf Geldtransporter beschreibt. Das Buch hatte in Frankreich für viel Aufsehen gesorgt und Faïd zu einer gewissen Prominenz verholfen.
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