Sieben Jahre, zehn Monate und neun Tage dauerte das Pontifikat von Benedikt XVI. Jetzt hat für die römisch-katholische Kirche die Zeit ohne Papst, die Sedisvakanz, begonnen. Am Freitag hat der Vatikan nun die Kardinäle offiziell aufgefordert, sich für das Konklave in Rom zu versammeln.
Um 20 Uhr endete am Donnerstag abend die Amtszeit von Bendedikt XVI. - vorerst wird der emeritierte Papst nicht mehr in der Öffentlichkeit auftauchen.
Sieben Jahre, zehn Monate und neun Tage dauerte das Pontifikat von Benedikt XVI. Jetzt hat für die römisch-katholische Kirche die Zeit ohne Papst, die Sedisvakanz, begonnen. Weil in Rom nach den unentschiedenen Wahlen auch eine weltliche Regierung mit Autorität fehlt, empfinden viele Römer diesmal die Zeit des „leeren Sitzes“ als fast bedrohlich. Am Donnerstag, seinem letzten Amtstag, empfing Benedikt noch einmal in der prachtvollen Sala Clementina die Kardinäle: „Unter euch ist auch der künftige Papst, dem ich meinen bedingungslosen Gehorsam und meine Ehrerbietung verspreche“, sagte Benedikt ihnen.
Ein letztes Mal forderte er die Einheit des Kardinalskollegiums, das „wie ein Orchester“ zusammenspielen solle, spendete den päpstlichen Segen und gab jedem Kardinal die Hand. Angelo Sodano hatte zuvor für die Purpurträger als deren Dekan entgegnet: In „tiefer Liebe“ wolle er für „das Beispiel danken“, das der Papst ihnen in seinem Amt vorgelebt habe. „Nun schicken Sie sich an, das Ruder der Barke von Petrus in andere Hände zu legen, und es vollzieht sich die apostolische Sukzession“ von einem Nachfolger Petri zum nächsten, „genauso, wie es der Herrgott seiner Kirche versprach“, bis das Ende aller Tage erreicht sein werde, sagte Sodano.
Um 20 Uhr, gut zwei Stunden nach der Ankunft in seinem vorübergehenden Domizil in Castel Gandolfo, legte dann der Papst aus „freiem Willen“ endgültig seine Jurisdiktion als Oberhaupt seiner Kirche ab; während er weiter als Priester und bisheriger Bischof von Rom alle Weihen behält, so dass ihn Gäste auch in Zukunft als „Seine Heiligkeit“ anreden werden. Zur Abgabe der Amtsgewalt reichte es, den „Fischerring“ vom Finger zu streifen, mit dem noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts Päpste ihre Urkunden siegelten.
Kurz darauf wurde Benedikts Siegel zerbrochen. Benedikts Wappen verschwindet jetzt auch von den Fassaden der Titularkirchen der Kardinäle in Rom, im Vatikan auf den Briefbögen oder auf den Leinwänden an den Säulen vor St. Peter und wird durch das Symbol der Sedisvakanz, den zwei gekreuzten Schlüsseln Petri unter einem Baldachin, ersetzt. Eigentlich müsste es für diese Frist ohne Papst auch eigene neue Briefmarken und Euromünzen geben.
Jetzt übernehmen die Kardinäle in ihren täglichen Treffen unter Leitung des Kardinaldekans die Verwaltung der Kirche. Nach dem Tode von Johannes Paul II. war das Joseph Ratzinger, nun ist es Angelo Sodano. Er hat nun auch offiziell alle 208 Kardinäle aus aller Welt nach Rom eingeladen; um sich für die Vorbereitungen auf das Konklave in Rom zu versammeln. Längst sind schon etwa hundert angekommen. Die Briefe mit der Einberufung seien von Sodano verschickt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Das Kollegium solle am kommenden Montag um 9.30 Uhr im Neuen Synodensaal im Vatikan zusammentreffen. Wann das Konklave beginnt, an dem nach Vatikan-Angaben voraussichtlich 115 Kardinäle teilnehmen werden, ist noch offen. Über den Beginn des Zeitpunktes soll Ansa zufolge erst entschieden werden, wenn alle wahlberechtigten Kardinäle in Rom eingetroffen sind.
Im Übrigen sind die Befugnisse des Kardinalkollegiums beschränkt. Es kann nur alltägliche Geschäfte regeln; alle Angelegenheiten, die ein Papst entscheiden muss, bleiben liegen. Kein Gesetz und schon gar nicht die Regeln zum Konklave dürfen jetzt noch verändert werden.
Ämterverlust und Ämterwechsel
Mit Beginn der Sedisvakanz verlieren der Kardinalstaatssekretär und alle Kurienkardinäle sowie die Chefs der vatikanischen Behörden ihre Ämter. Das mag besonders bitter sein für den erst im vergangenen Jahr ernannten Präfekten der Glaubenskongregation, den 65 Jahre alten Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der zwar das neben dem Staatssekretariat wichtigste aller Dikasterien übernehmen durfte, aber nicht mehr Kardinal wurde, obwohl diese Würde eigentlich mit dem Amt verbunden ist.
Nur einige Amtsinhaber bleiben: so der Camerlengo, der bisherige, 78 Jahre alte Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone, oder der Innen- und der Außenminister des Heiligen Stuhls, Giovanni Becciu und Dominique Mamberti. Als Kardinalkämmerer steht Bertone auch der Apostolischen Kammer vor, die während der Sedisvakanz die Güter des Vatikans verwaltet. Im Amt bleiben auch der Großpönitentiar, der päpstliche Beauftragte für Bußfragen, der 74 Jahre alte Manuel Kardinal Monteiro de Castro, sowie der Kardinalvikar von Rom, der 72 Jahre alte Agostino Vallini.
Auch der Präfekt des Päpstlichen Haushalts verliert sein Amt nicht. Der 56 Jahre alte Erzbischof Georg Gänswein muss nun den Haushalt für den künftigen Papst vorbereiten, während er gleichzeitig in seiner Funktion als Privatsekretär den bisherigen Papst in Castel Gandolfo begleitet. Zum Schluss dürfte für Gänswein nur eine Aufgabe davon übrigbleiben - oder stattdessen eine völlig neue auf ihn zukommen. Auch die Arbeitsabläufe in den Kongregationen und Räten bleiben während der Sedisvakanz wie in jeder Behörde dieselben. Der neue Papst kann später alle Leitungsämter neu besetzen. Gemeinhin aber haben bisher die neuen Päpste zunächst die bisherigen Amtsträger bestätigt und erst Schritt für Schritt das Team erneuert.
Viele Kardinäle ziehen sich schon jetzt für das Konklave aus der Öffentlichkeit zurück. Der 70 Jahre alte bisherige Präsident des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, verabschiedete sich von seinen „Followern“ beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Ich danke euch; nun bin ich für ein paar Tage nicht erreichbar“, so als wüsste er, dass schon in Kürze das Konklave, die Einschließung, beginnt und es schon in ein „paar Tagen“ einen neuen Papst gibt. Aber auch andere Kardinäle sind wegen des bevorstehenden Konklaves nicht mehr erreichbar.
1 Kommentar:
Kleine Anmerkung: Die ersten Briefmarken zur Sedisvakanz erschienen schon kurz vor 20 Uhr am 28. Februar 2013. Sie dürften beliebte Sammlerstücke werden. Insbesondere mit Tagesstempel... Irgendwie muss der Heilige stuhl ja zu Geld kommen.
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