Seine Kameraden nannten ihn "Legende", seine Feinde "Teufel". Chris Kyle tötete 160 Menschen im Irak-Krieg. Nun wurde er selbst erschossen - auf einem Schießstand.
Man muss seine Autobiographie noch nicht einmal lesen, um zu erahnen, warum Chris Kyle umstritten war. Ein Blick auf die Namen der Kapitel reicht. Sie heißen "Das Böse im Fadenkreuz", "Noch fünf Minuten zu leben", "Den Tod im Marschgepäck" oder einfach nur "Sterblichkeit". Chris Kyle war von 1999 bis 2009 bei den Navy Seals, der extrem gut ausgebildeten Spezialeinheit der US-Armee für besonders gefährliche Einsätze. Der Texaner konnte sich brüsten, den höchsten "Bodycount" - also die höchste Zahl an tödlichen Treffern - in der amerikanischen Militärgeschichte erreicht zu haben. Das US-Verteidigungsministerium schreibt ihm 160 Liquidationen zu. Bei seinen Kameraden hatte er Kultstatus. Sie nannten ihn "Legende", während ihn seine Feinde "Teufel" schimpften.
Am Wochenende wurde Kyle selbst Opfer eines Todesschützen. Auf einem Schießstand des Luxus-Hotels "Rough Creek Lodge" im texanischen Glen Rose nahe Dallas. Nach einer Autoverfolgungsjagd nahm die Polizei in Lancaster, etwas mehr als 100 Kilometer vom Tatort entfernt, einen 25-Jährigen arbeitslosen Irak-Veteranen als mutmaßlichen Todesschützen fest. Nachdem sein Wagen mittels Nagelkette gestoppt werden konnte, ließ er sich widerstandslos festnehmen. Er steht unter dringendem Verdacht, auch einen 35-Jährigen Freund Kyles erschossen zu haben, der ebenfalls in der US-Armee gedient hatte. Warum sich die drei Ex-Soldaten auf dem Schießstand trafen wurde ebenso wenig bekannt wie das Motiv des Verdächtigen. Nach den Worten von Sheriff Tommy Bryant waren die Männer allein am Schießstand. Die Leichen seien zwei Stunden nach den tödlichen Schüssen entdeckt worden, sagte er CNN. 25 bis 30 Waffen seien auf dem Schießstand gefunden worden, darunter Pistolen, russische Kalaschnikows (AK-47) und andere Gewehre.
Mörder war auch ehemaliger US-Veteran
Nach Angaben amerikanischer Medien soll der Inhaftierte unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) leiden, einer psychischen Krankheit, die in Folge schrecklicher Kriegserfahrungen entsteht und unter der zigtausende US-Veteranen leiden. Kyle engagierte sich für diese Patienten. Nachdem er 2009 die Navy Seals verließ und in Pension ging, unterstützte er eine Stiftung, die sich um kriegstraumatisierte Ex-Soldaten kümmert. Sie hilft nach eigener Aussage "den tapferen Frauen und Männern, die im Kampf überlebt haben, aber noch gegen PTSD kämpfen". Zu den von der Organisation betreuten Patienten soll der mutmaßliche Todesschütze gehört haben. Sheriff Bryant sagte, der Festgenommene "kann an irgendeiner Art von psychischen Erkrankungen leiden, die aus seiner Militärzeit stammt". Der US-Armee zufolge war der Verdächtige von 2006 bis 2010 bei den Marines, 2007 im Irak und 2010 in Haiti stationiert.
Die Nachricht von Kyles Tod löste Trauer und Entsetzen in den USA aus, entfachte aber auch die Debatte um Kyle und sein Buch "American Sniper - Die Autobiagraphie des erfolreichsten Scharfschützen der US-Militärgeschichte" neu. In den Foren der News-Websites meldeten sich Zehntausende zu Wort, allein bei CNN binnen weniger Stunden nach der Nachricht über den Tod des Ex-Soldaten weit mehr als 10.000 Leser. Die Beiträge liefen beinahe im Sekundentakt ein. Ein Leser, der seinen Namen nicht angibt, hinterließ bei CNN folgende Nachricht: "Ich verbrachte sechs Jahre im Irak und war drei Mal dort.... Ich erzählte niemals jemandem, wie viele Menschen ich erschoss und tötete. Es ist nichts Ehrenwertes daran, jemanden zu töten - egal wie böse sie sind und zu sagen: es ist eine Rekordzahl für alle Amerikaner." Dianne Foster erklärte: "Mein Vater war während des Zweiten Weltkriegs in Italien. (...) Niemand war weniger bereit, über seinen Dienst zu sprechen, als er es war. Seine Briefe nach Hause zu seinen Eltern waren total heiter und ohne einen Anflug von Beschwerde. Inzwischen weiß ich, mein Vater war ein echter Held und großer Infanterist, ein echter Soldat."
"Ruhe jetzt. Du hast genug getan."
Die Anhänger des "American Sniper" zollten ihm Resepkt. Im Online-Kondolenzbuch der von Kyle unterstützten Stiftung schreibt Randy Knight: "Bei der Verteidigung der Freiheit zu sterben, ist traurig aber notwendig. Kriegsqualen zu überleben und nach Hause zu kommen, ist Vorsehung. Durch die Tat eines feigen Stücks menschlichen Viehfutters umzukommen, ist kaum zu ertragen." Er schließt mit den Worten: "Ruhe jetzt einfach. Du hast genug getan." Scott McEwen, der Co-Autor von Kyles Bestseller "American Synper", sagte ABC News: "Wir haben mehr verloren, als wir ersetzen können. Chris war ein Patriot, ein großartiger Vater und ein wahrer Unterstützer seines Landes und seiner Ideale. Das ist für uns alle eine Tragödie. Ich schicke meine innigsten Gebete und Gedanken zu seiner Frau und seinen zwei Kindern."
Kyle hatte zahlreiche bedeutende Orden für seine Einsätze erhalten.
"Ich war dort, weil ich meinen Job und die Jungs bei mir liebte, und ich wollte, dass jeder nach Hause kommt!"
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