Freitag, 6. Dezember 2013

Geschichte kompakt No.51


Geldscheine aus Samt und Seide

Während der großen Inflation zu Beginn der 1920er Jahre druckte die Sparkasse Bielefeld Geldscheine auf Samt und Seide. Ziel war dabei vor allem, dass die Bürger die Banknoten sammelten, denn damit machte die Sparkasse Gewinn.

Not macht erfinderisch. Während der Inflation der 1920er Jahre, insbesondere mit der Hyperinflation 1923, als der Wert des Geldes beinahe stündlich sank, druckte nicht nur der Staat Banknoten, sondern auch Kommunen und Banken. Die Sparkasse Bielefeld unter ihrem damaligen Direktor Paul Hanke ging dabei besonders originell vor. Sie gab 1921 zum 700 jährigen Stadtjubiläum Geldscheine heraus, die auf Samt, Seide, Loden oder Jute gedruckt waren. Teilweise waren die Scheine recht aufwändig mit Spitze und einer Vielzahl unterschiedlicher Motive gestaltet. Ziel der eigenwilligen Gelddruckaktion war weniger ihre Verwendung im Handel, als vielmehr das Sammeln und Horten. Denn der Herausgeber von Notgeldscheinen machte nur dann einen Gewinn, wenn die Geldscheine nicht wieder eingelöst wurden. Allerdings sammelten die Menschen nur Scheine, die einen gewissen bleibenden Wert suggerieren konnten. Offiziell war dieses Vorgehen verboten, doch in Zeiten der Krise gelang es kaum, dem Treiben Einhalt zu gebieten. 
Die Bildmotive auf den Bielefelder Notgeldscheinen greifen ganz unterschiedliche Themen auf, wie der Archivar der Sparkasse Bielefeld, Christoph Kaleschke, berichtet. Teilweise illustrieren sie lokale Legenden oder schmücken sich mit angeblich historischen Aussagen, wie etwa die Anordnung der Stadtverwaltung: „Hiermit wird bekannt gemacht, dass niemand in die Bache kackt, denn morgen wird gebraut“. Daneben dienten die Scheine auch als Propagandainstrument. So finden sich auch Schmähungen der als Schandfriedensdiktat bezeichneten Bestimmungen des Versailler Vertrages.
Ursache der Inflation war vor allem der mit der Notenpresse und Staatsanleihen finanzierte Erste Weltkrieg. Mit einem Sieg sollten die immensen Schulden durch Reparationsleistungen der Verlierer getilgt werden. Damit hatte sich das deutsche Kaiserreich bekanntlich verspekuliert. Die Zeche zahlten letztlich die Bürger der nachfolgenden Weimarer Demokratie.

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