Donnerstag, 29. August 2013

+++Wie Gehirnproteine das Gedächtnis beeinflussen, oder die Hoffnung auf neue Medikamente+++


Forscher konnten altersbedingten Gedächtnisverlust bei Mäusen rückgängig machen. Sie veränderten dafür die Menge eines speziellen Proteins im Gehirn. Die Ergebnisse der Studie lassen auf neue Therapien gegen die Vergesslichkeit im Alter hoffen.

Abnehmende Mengen eines bestimmten Hirnproteins könnten für die Vergesslichkeit im Alter verantwortlich sein. Das Ergebnis stütze die Annahme, dass sich der Gedächtnisschwund im Alter von den Mechanismen bei Alzheimer unterscheidet, schreibt eine Gruppe um den Nobelpreisträger Eric Kandel (83) im Fachmagazin “Science Translational Medicine”.

Das Protein RbAp48 bewirke, dass schwer zugängliche Abschnitte der Erbsubstanz ausgelesen werden, die für die Funktion der Neuronen und die Entstehung von Erinnerungen wichtig sind.

Altersvergesslichkeit oder Alzheimer?

“Unsere Studie liefert überzeugende Beweise, dass die Altersvergesslichkeit nach eigenen Gesetzen funktioniert, fernab denen bei Alzheimer”, wird Kandel in einer Mitteilung zur Studie zitiert. Die Wissenschaftler des Columbia University Medical Center (CUMC) in New York hatten acht gesunde Gehirne untersucht.

Sie gehörten Menschen, die im Alter von 33 bis 88 Jahren gestorben waren und ihre Gehirne der Forschung überlassen hatten. Die Wissenschaftler konzentrierten sich dabei auf den Hippocampus, eine der evolutionär ältesten Strukturen im Gehirn, die stark an der Gedächtnisbildung mitwirkt. Auch Alzheimer wirkt sich auf die Strukturen dort aus.

Mehr Protein, besseres Gedächtnis

In den älteren Hirnen funktionierten 17 Gene deutlich schlechter als in den jungen, vor allem im Gyrus dentatus genannten Teil des Hippocampus. Am stärksten war dort das Gen für RbAp48 betroffen, dessen gebildete Menge mit zunehmendem Alter immer kleiner wurde, berichten die Forscher. Entsprechende Ergebnisse gab es für RbAp48 in Mäusen. Bei jungen Nagern zeigte das Team dann, dass ein Ausschalten des Gens für RbAp48 diese vergesslich werden ließ. Eine Zunahme des Proteins in den Hirnen älterer Mäuse habe hingegen ein Wiederaufleben des Gedächtnisses zur Folge gehabt, heißt es in “Science Translational Medicine”.

Die Ergebnisse weisen Kandels Team zufolge darauf hin, dass abnehmende Mengen RbAp48 zu zunehmender Vergesslichkeit im Alter führen. Weitere Analysen seien nötig, um zu klären, wie es zu der Abnahme kommt und ob sich der Mechanismus mit Therapien ansteuern ließe. “Der Fakt, dass wir in Mäusen den altersbedingten Gedächtnisschwund wieder aufheben können, ist sehr ermutigend”, wird Kandel in der Uni-Mitteilung zitiert. Klar ist seiner Ansicht nach: RbAp48 sei einer der Hauptfaktoren. Und: Die Altersvergesslichkeit sei auf eine veränderte Funktion, nicht aber auf den Verlust von Nervenzellen zurückzuführen.

Winzige Veränderung, große Wirkung

RbAp48 bindet an den sogenannten Histonen – Proteinen, um die die DNA-Doppelhelix gewunden ist wie um eine Spule. Winzige Veränderungen dieser Histone, etwa durch Methylgruppen an einer bestimmten Stelle, beeinflussen, wann und unter welchen Umständen ein Gen abgelesen und zu Zellstrukturen umgesetzt wird. RbAp48 lockert die Histone, so dass die DNA an dieser Stelle von der Auslesemaschinerie der Zelle erreicht werden kann.

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