In den siebziger Jahren wurde er Deutschlands beliebtester TV-Kommissar, im Zweiten Weltkrieg war Horst Tappert Mitglied der Waffen-SS. Als Soldat des Panzergrenadierregiments 1 "Totenkopf" diente er vermutlich an der Ostfront - wo die SS-Truppen an üblen Kriegsverbrechen beteiligt waren.
Vier Jahre nach seinem Tod werden Details aus Horst Tapperts Biografie bekannt: Der beliebte Fernsehschauspieler war als junger Mann Mitglied der gefürchteten Waffen-SS und hatte jahrelang darüber geschwiegen. Der damals 19-Jährige gehörte der verbrecherischsten aller Kampftruppen an.
Die Verfügungstruppe der Nationalsozialisten ging 1934 aus der "Leibstandarte-SS Adolf Hitler" und den "Politischen Bereitschaften" hervor und bildete den bewaffneten Teil der Schutzstaffel (SS). Der Reichsführer-SS Heinrich Himmler führte die Bezeichnung "Waffen-SS" 1939 als Sammelbegriff für die "bewaffneten Einheiten der SS und Polizei" ein. Zu ihr gehörten Kampftruppen und Wachmannschaften in den Konzentrationslagern, den sogenannten SS-Totenkopfverbänden.
Schon im ersten Kriegswinter, während des Feldzugs gegen Polen und in den "Blitzkriegen" in Nord- und Westeuropa 1940, zeigten sich die rund 40.000 Waffen-SS-Soldaten als besonders grausam und brutal. Damals verstand sich die ausschließlich aus Freiwilligen gebildete Truppe noch als "Elite" des "Führers". Bis ins Jahr 1942 wurden Soldaten nur aufgenommen, wenn sie den SS-Rassekriterien entsprachen. Ihre Mitglieder waren als "politische Soldaten" nicht nur Kämpfer, sondern auch fanatische Befürworter der NS-Ideologie. Horst Tappert trat erst im Jahr 1943 der Sondertruppe bei.
Aufweichung der Rekrutierungsbedingungen
Während des Kriegs expandierte die Waffen-SS rasant: Ab 1942 wurden junge deutsche Männer nach den weniger strengen Kriterien der Wehrmacht eingezogen. Bei speziellen Veranstaltungen machten Offiziere der Waffen-SS besonderen Druck auf Jugendliche, die daraufhin eintraten. "Es gibt auch Belege dafür, dass sich manche Eltern danach über diese Vorgehensweise beschwerten", sagte der Dresdner SS-Experte Jan Erik Schulte SPIEGEL ONLINE. Sicher sei aber auch, dass der Eintritt in der Regel individuell erklärt werden musste. "Es gab auch 1943 durchaus noch freiwillige Meldungen." Ob Horst Tappert einer von ihnen war oder gezwungen wurde, lässt sich nicht belegen.
Anfang 1943, dem ungefähren Beginn von Tapperts Zugehörigkeit bei der Waffen-SS, gab es insgesamt rund 250.000 Angehörige der Waffen-SS. Sogar ausländische Freiwillige wurden für die "germanischen Legionen" rekrutiert. Die meisten Mitglieder hatte die Waffen-SS im Herbst 1944, rund 900.000 Mann.
Kriegsverbrechen der Waffen-SS
Tappert war als einfacher Soldat Mitglied der 14. Kompanie des SS-Panzergrenadierregiments 1 "Totenkopf", einer motorisierten infanteristischen Einheit. "Er hatte wohl im weitesten Sinne unterstützende Aufgaben zu erledigen und mit Flakgeschützen zu tun", vermutet der SS-Experte Schulte. Insgesamt habe die Kompanie je nach Einzellage wohl 100 bis 200 SS-Soldaten umfasst.
Der Truppenteil Tapperts war 1943 bei Kämpfen in der Ukraine, unter anderem in Charkow. Dort kam es in mehreren Schlachten zu menschenrechtswidrigen Gräueltaten an Zivilisten und Kriegsgefangenen: Der "Totenkopf"-Division wird unter anderem der Tod von 20.000 Zivilisten und russischen Kriegsgefangenen im Raum Charkow angelastet.
Wo genau Tappert eingesetzt wurde, lässt sich anhand der vorliegenden Dokumente jedoch genauso wenig klären wie die Art seiner Tätigkeit.
Historiker sind sich heute einig: Das Vorgehen der Waffen-SS war verbrecherisch. Doch die alleinige Mitgliedschaft wurde später nicht als Verbrechen gewertet. In einem Nürnberger Urteil vom 30. September 1946 heißt es: "Der Internationale Militärgerichtshof erklärt die Personengruppe als verbrecherisch im Sinne des Statuts, die offiziell als Mitglieder in die SS aufgenommen wurden (...) einschließlich der Mitglieder der Allgemeinen SS, der Waffen-SS, der SS-Totenkopfverbände und der verschiedenen Polizeiabteilungen." Ausdrücklich ausgenommen wurden all jene, die "vom Staat auf solche Art in die Reihen der SS gezogen wurden, dass ihnen keine andere Wahl blieb und die keine Verbrechen begingen".
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen