Schwule Priester, Frauen in der Kirche, Abschaffung der Vatikanbank - kaum ein Reizthema ließ Franziskus aus, als er an Bord der päpstlichen Maschine eine spontane Pressekonferenz abhielt. Selbst für ein paar juxige Bemerkungen war noch Zeit.
Es war ein denkwürdiger Transatlantikflug, den eine Handvoll Journalisten an Bord der päpstlichen Maschine erleben durften. Rund elf Stunden dauert die Reise von Rio nach Rom üblicherweise - knapp anderthalb davon nahm sich Franziskus nun, um eine spontane Pressekonferenz abzuhalten. Im Stehen, das Mikrofon in der Hand und ohne einer einzigen Frage auszuweichen, zeigte sich der Papst auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Plauderlaune.
Dabei ließ er kaum ein klerikales Reizthema aus, von der Rolle der Frau in der Kirche über die Vatikanbank bis hin zur Kommunion für geschiedene Ehepaare. Aufsehen erregen dürfte vor allem der letzte Teil der Fragerunde. Angesprochen auf die angeblich im Vatikan operierende Schwulenlobby sagte Franziskus sinngemäß, er habe kein Problem mit Homosexuellen in der katholischen Kirche.
"Wenn jemand schwul ist und guten Glaubens den Herrn sucht - wer bin ich, über ihn zu urteilen?", fragte er. Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. hatte 2005 ein Dokument unterzeichnet, nach dem Männer mit homosexuellen Neigungen keine Priester sein sollten. Franziskus zeigte sich nun versöhnlicher. "Homosexuelle sollten nicht an den Rand gedrängt werden. Sie sind unsere Brüder."
Dem "Wall Street Journal" zufolge schränkte Franziskus allerdings ein, man müsse unterscheiden zwischen Homosexualität und der Existenz einer homosexuellen Lobby im Vatikan. Letztere sei ein Problem, wenn dort mit geheimen Informationen Menschen erpresst würden. Italienische Medien hatten über die Existenz einer solchen Gruppe spekuliert.
Zur Stellung der Frau in der Kirche zeigte sich Franziskus weniger zugänglich. Zwar sei die "Madonna wichtiger als die Apostel" - dennoch habe sich die Kirche zur Frage, ob Frauen Priester werden könnten, bereits klar geäußert: "Sie hat nein gesagt." Diese Tür sei verschlossen, sagte er nach einem Bericht der US-Zeitung "National Catholic Reporter". Stattdessen sei es erforderlich, eine umfassende Theologie der Frau in der Kirche zu erarbeiten. Immer nur darüber zu diskutieren, welche Aufgaben Frauen in der Gemeinde übernehmen dürften, greife zu kurz.
Auf die Frage nach der Zukunft der Vatikanbank (IOR) sagte Franziskus: "Ich weiß noch nicht, wie diese Geschichte endet." Seit seinem Amtsantritt ist das skandalträchtige Geldinstitut eine Hauptbaustelle in den Reformbemühungen. Unter anderem hatte der Papst eine Untersuchungskommission eingesetzt, die den Geldwäsche- und Korruptionsvorwürfen gegen das IOR nachgehen soll. Franziskus deutete nun an, eine Auflösung der Vatikanbank komme in Frage - ebenso wie der Fortbestand als Hilfsfonds oder als sogenannte ethische Bank. "Entscheidend sind Transparenz und Ehrlichkeit", fügte er hinzu.
"Ich glaube, wir leben in einer Zeit der Gnade", sagte Franziskus über ein anderes umstrittenes Thema in der Kirche - die Rechte geschiedener Katholiken. Nach bislang geltendem Kirchenrecht dürfen Geschiedene nicht wieder heiraten; tun sie es trotzdem, werden sie von Sakramenten wie der Kommunion ausgeschlossen. Franziskus kündigte nun an, diese Frage werde im Oktober von einem Beratungsgremium aus acht Kardinälen geprüft.
Aber nicht nur die großen Konfliktlinien der katholischen Kirche wurden während des Fluges angesprochen. Gefragt nach dem Verhältnis zu seinem Vorgänger Benedikt XVI. sagte Franziskus: "Es ist, als hätte man einen weisen Großvater bei sich im Haus. Wenn ich ein Problem habe, kann ich ihn fragen."
Und auch für eine amüsante Fußnote war am Ende noch Zeit. Was denn in dieser mysteriösen Tasche drin sei, die der Pontifex als Handgepäck bei sich trage, wollte ein Journalist von Franziskus wissen. Dessen pointensichere Antwort: "Die Schlüssel für die Atombombe sind jedenfalls nicht drin."
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