Trauer um einen ganz Großen der deutschen Wirtschaft:
Der schon zu Lebzeiten zur Legende gewordene ThyssenKrupp -Patriarch Berthold Beitz ist tot.
Der Vorsitzende des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sei am Dienstag im Alter von 99 Jahren gestorben, teilte der Konzern am Mittwoch mit.
Beitz galt als einer der wichtigsten Manager der deutschen Nachkriegsgeschichte und bis zuletzt als starker Mann des größten deutschen Stahlkonzerns.
„Beitz hat das letzte Wort”, hieß es immer wieder bei ThyssenKrupp.
Sein Tod trifft das Unternehmen in der größten Krise seit der Fusion von Thyssen und Krupp im Jahr 1999.
Der am 26. September 1913 geborene Beitz hatte noch Anfang des Jahres an der Hauptversammlung in Bochum teilgenommen.
Wie stets kerzengerade stehend hatte er dabei den langanhaltenden Applaus der Aktionäre entgegengenommen.
Wenig später musste der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme seinen Hut nehmen, den Beitz eigentlich als seinen Nachfolger an der Spitze der Krupp-Stiftung auserkoren hatte. Diese hält 25,3 Prozent der Anteile und gilt als Bollwerk gegen eine feindlichen Übernahme.
ThyssenKrupp wird von Milliardenverlusten, Kartellverstößen und Korruptionsvorwürfen erschüttert.
Beitz war 1953 von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach als persönlicher Generalbevollmächtigter zu Krupp geholt worden.
Nach dem Erbverzicht des Krupp-Sohnes Arndt von Bohlen und Halbach wandelte Beitz den Konzern in eine Kapitalgesellschaft um. Beitz wurde 1970 Vorsitzender des Aufsichtsrats der Friedrich Krupp GmbH und war seit 1999 Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrat des ThyssenKrupp-Konzerns.
Der 1913 im vorpommerschen Dorf Zemmin geborene Beitz erhielt für sein Engagement für Versöhnung zahlreiche Preise wie den Staatspreis NRW für „herausragende Verdienste” für Völkerverständigung und den Lew-Kopelew-Preis im vergangenen Jahr.
Für die Rettung von Juden im Zweiten Weltkrieg wurden die Eheleute Beitz 1973 mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern” von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel ausgezeichnet.
10 FAKTEN ÜBER BEITZ
Beitz war es zu verdanken, dass Deutschland heute noch Heimat eines Stahl-Giganten ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verhinderte der Unternehmer die Zerschlagung der Waffenschmiede. In den 90er-Jahren führte er sein Unternehmen mit Thyssen zusammen und verhinderte so die Krupp-Insolvenz. Heute ist ThyssenKrupp ein Mischkonzern – jahrelang belächelt, war er zwischenzeitlich wieder sehr erfolgreich. Aktuell wird der Stahl-Gigant aber von Turbulenzen geschüttelt.
► Was ihn antrieb
Mit 99 Jahren saß Beitz bis zu seinem Tod noch immer an der Spitze eines der größten Konzerne Deutschlands. Er war Vorsitzender der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.
Die Stiftung hat mit einer Sperrminorität und Sonderrechten beherrschenden Einfluss auf den Essener Dax-Konzern - in ihr wird das Vermögen von Alfried Krupp verwaltet.
Was ihn antrieb war der Gedanke an die Erhaltung des Erbes von Alfried Krupp († 1967). Seine ganze Kraft setzte er ein, um das Unternehmen zu stützen.
► Sein Arbeitstag
Gegen neun ließ sich Beitz von seiner Villa in Bredeney (Essen) zur Villa der Stiftung fahren. Dort arbeitete er in seinem Büro – das eher einem Schloss-Saal ähnelt. Das „Manager Magazin“ berichtete einst von vielen Bildern der deutschen Geschichten an den Wänden des Büros.
► Seine Leidenschaft
Gern betrachtete Beitz die Bilder des Malers Emil Nolde – seinem liebsten Künstler. Nolde habe auch den Ausschlag dafür gegeben, dass sich Beitz ein Haus auf Sylt zulegte. Beim Blick in die Wolken habe er damals an den Maler gedacht, schrieb das „Manager Magazin“. Beitz selbst hat eine Sammlung aufgebaut – Schwerpunkt Expressionismus.
► Sein Macht-Geheimnis
Ob Beitz Aktien an ThyssenKrupp hält, ist nicht bekannt. Trotzdem agierte Beitz wie ein Patriach und wurde akzeptiert. DENN: Berthold Beitz war nach dem Tod Krupps als Chef der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung Verwalter des gesamten Erbes.
► Seine Durchhalte-Formel
Nein zum Rauchen, immer auf's Gewicht achten und frühzeitig (gegen 23 Uhr) ins Bett gehen."
► Niemals Rente in Sicht
Zum Thema Aufhören hatte der 99-Jährige eine ganz klare Meinung: Niemand werde ihn jemals dazu bringen, seinen Schreibtisch zu räumen.
► Keine Lust auf Politik
Er sei ein Bauchmensch, sagte Beitz über sich. Daher sei er auch nie in die Politik gegangen. Er hätte seine Bauchentscheidungen immer noch mit anderen abstimmen müssen, das sei einfach zu langwierig. Er gehörte keiner Partei an, obwohl große Politiker ihn immer wieder um Rat baten.
► Seine größte menschliche Tat
Während des Zweiten Weltkrieges rettete er mehreren hundert Juden das Leben, als er sie als unentbehrlich einstufte und in Fabriken einsetzte, die er in Galizien verwaltete.
► Seine Engagement für Olympia
Seit 1972 war Beitz Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees Deutschlands, zwischen 1984 und 1988 sogar Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees.
► Seine Heimat
Beitz stammte aus Zemmin, Landkreis Demmin in Vorpommern. Sein Abitur machte er in Greifswald – allerdings erst, nachdem er die 11. Klasse wiederholen musste. Eigentlich wäre der Unternehmer lieber Arzt geworden, doch die finanzielle Lage der Familie lies das nicht zu. Sein Vater verschaffte Beitz einen Ausbildungsplatz als Bankkaufmann.
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