Sonntag, 5. Mai 2013

+++IN RUNDE SECHS GAB ES AUF DIE ZWÖLF+++




Wladimir Klitschko hat mit Gegner Francesco Pianeta wenig Mühe und feiert seinen 60. Sieg als Profiboxer. Was nun kommt, dürfte deutlich komplizierter werden als dieser lauschige Abend in Mannheim: Die Box-Welt wartet gebannt auf den Kampf gegen Alexander Powetkin.

Die Mütze kam schnell wieder drauf. Ein Kokon der Gemütlichkeit, der Francesco Pianeta in dem Moment zwar äußerlich umhüllte, ihn aber kaum glücklicher machte. Mit dem Handtuch über dem Kopf kamen die Tränen, den Ärger und die Traurigkeit runterschlucken - das klappte einfach nicht. Seine erste Niederlage in einem Profikampf war da gerade wenige Minuten alt. Schon im Niedersenken nach Wladimir Klitschkos K.o.-Schlag hatte Pianeta mit dem Hadern begonnen. Als er mit der Stirn vornüber gelehnt auf dem Boden aufstieß, wusste er: Dieser Kampf war verloren.

Solche Gedankenspiele lässt ein Knockout von Klitschko selten zu, die meisten seiner Gegner schaffen es nur noch zugeschmiert mit Vaseline und besser getackert als ein Satz Klassenarbeiten zur Pressekonferenz. Die Dominanz des Ukrainers im gesamten Kampf war überdeutlich. Dass Klitschko einen Trainingsrekord aufgestellt hatte, wurde spürbar. Der Weltmeister der WBA, IBF und WBO agierte aggressiver und aktiver als gewohnt, mit dem ungewohnten Rechtsausleger kam er prima klar. Umso ausgiebiger ließ er sich für seinen 60. Sieg in der Mannheimer Arena bejubeln.

Die Aufbauarbeit für Pianeta hatte schon kurz nach dem Kampfende im Ring begonnen, der Kommentator Kai Ebel machte mit, das Publikum auch und Wladimir Klitschko höchstpersönlich. Später im Presseraum sprach Klitschko weiter in sehr väterlichem und wohlwollendem Ton. "Ich habe auch sehr bittere Niederlagen erlebt. Davon habe ich wahnsinnig viel gelernt", so Klitschko.

Dann wandte er sich an Pianeta, der zwei Plätze weiter links stark geknickt den Blick kaum vom Tisch abwenden konnte: "Ich bin überzeugt, dass du wahnsinnig viel Positives gelernt hast durch die Niederlage. Auch wenn du das heute noch nicht weißt." Der 28-Jährige war derweil schon tief in seine Trauerarbeit versunken, brachte kaum ein Wort heraus. Mit dem einzig verwertbaren Satz hatte er schließlich alles gesagt: "Die Seele schmerzt."

Pianeta war nicht in der Lage, die Niederlage zu erklären, sein Trainer Dirk Dzemski versuchte es zumindest. Aus dem großen Plan, Klitschko in die Halbdistanz zu zwingen, sei einfach nichts geworden. "Wladimir war heute der Bessere. Er ist Weltmeister, er ist es geblieben, fertig, aus", sagte Dzemski. Fast den ganzen Kampf lang hielt sich Klitschko Pianeta mit seiner Führhand vom Leib. Den linken Arm weit ausgestreckt, das machte seinem Gegner das Treffen schwer.

Wie angekündigt arbeitete der Herausforderer viel nach vorne, konnte auch Treffer setzen - doch den Kopf von Klitschko erwischte er selten. Er ging vor allem auf den Körper und blieb dabei zu uneffektiv. Ganz im Gegensatz zu Klitschko: Die Doppeldeckung Pianetas zerbrach öfter an seinem Schlag, es setzte wuchtige Fäuste ins Gesicht. Bereits in der vierten Runde hätte der Kampf nach einer Dreierserie Jabs von Klitschko vorbei seien können. Dass Pianeta wieder aufstand und trotzdem offensiv blieb, beeindruckte. Im Vergleich zu den üblichen Klitschko-Gegnern.

Unüblich war ohnehin Einiges, an diesem Kampf, der Vorbereitung und dem Abend an sich. Selten hatte es ein so wenig feindseliges Aufeinandertreffen gegeben. Selbst dass der Ringrichter am Ende auf technisches K.o. statt K.o. entschieden hatte, war Klitschko egal. "Ich bin eigentlich nicht so wahnsinnig nett zu meinen Herausforderern", sagte er und meinte den persönlichen Umgang mit Pianeta, nicht den im Ring: "Du warst sehr sportlich fair. Du bist sehr ambitioniert, das habe ich im Kampf gemerkt. Du hast wirklich schnelle, starke Hände."

Dass diese trotz der Niederlage eine Zukunft haben, ist für Pianetas Boxstall SES klar. "Wir werden noch viel Spaß mit ihm haben", sagte Promoter Uli Steinforth, davon ausgehend, dass das Trauern in ein, zwei Tagen vorbei sein wird.

Für Klitschko ist der Weg nun frei für den als "Mega-Fight" angepriesenen Kampf gegen den Russen Alexander Powetkin. Ende August treffen beide aufeinander. Klitschko erhält ein Antrittsgeld von 17,25 Millionen Dollar, über das er nicht mehr wirklich gerne reden möchte. Geld sei schließlich nie sein Antrieb gewesen, anderenfalls "wäre ich heute nicht Weltmeister".

Promoter Vlad Hrunov holte den Kampf nach Moskau. In Mannheim schaute er auch vorbei, viel sprechen wollte er nicht. Später vielleicht. Klitschko interessierte sich Samstagnacht auch eher für die kurzfristige Zukunft: "Jetzt freue ich mich erstmal auf die Freizeit."

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