Sonntag, 3. Februar 2013

+++70 JAHRE Stalingrad - Einer der letzten Zeitzeugen erzählt!+++



Es war die Hölle auf Erden: Vor 70 Jahren endete die Schlacht von STALINGRAD.

Von 230 000 Soldaten starben 60 000 Mann im Kessel, über 110 000 gerieten in Gefangenschaft. Nur 5000 von ihnen kehrten in die Heimat zurück.
Hans Eckhard Kalwait (90) aus Hannover ist einer der letzten Zeitzeugen. Er erzählt von dem Kriegs-Inferno, von seiner Rettung.

„Die vielen Toten werde ich NIE vergessen. Arme und Beine, die aus dem Schnee ragten. Es war der Kampf ums nackte Überleben.“

Kalwait wurde am 3. Oktober 1941 mit nur 19 Jahren eingezogen, zum Panzerfunker ausgebildet. Im Sommer 1942 kam er nach Russland, Nachrichten-Abteilung der 14. Panzer-Division. Doch zum Funken gab es bald nichts mehr. Der Druck der Roten Armee war zu groß. Kalwait: „In dieser Situation wurden wir Ende 1942 als letztes Aufgebot für den Kampfeinsatz vorbereitet. Oberstleutnant Heinrich Seidel übernahm uns junge, unerfahrene Soldaten in seine ,Kampfgruppe Seidel’. Er sprach schon aus, woran wir nicht zu denken wagten: Der UNTERGANG ist unausweichlich. Dabei wollten wir doch erst einmal leben!“

Bei einer Tagesration von einer halben Scheibe Brot sind Kalwait und seine Kameraden bald völlig entkräftet, bis auf die Knochen abgemagert. Bis zu 40 Grad minus, die Hälfte der Soldaten erfriert sich Hände und Füße. Kalwait: „Meine rechten Zehen waren mit dem Strumpf im Schuh fest gefroren und die Finger klebten wie die Fäden der zerrissenen Handschuhe am Stahlmantel unseres MG fest.“
Er freut sich über einen heißen Tee, doch der geht so schnell durch den ausgemergelten Körper, dass der junge Soldat die Hose nicht rechtzeitig aufkriegt: „UM NICHT IN DER NASSEN UNTERHOSE ZU ERFRIEREN, MUSSTE ICH MICH BEI MINUS 30 GRAD NACKT AUSZIEHEN.“

Als Ersatz für die Unterhose zieht er sich einen dicken Pullover bis zum Oberschenkel. Doch durch die Wolle reibt er sich die Beine blutig. Kalwait meldet sich krank: „Das Lazarett hätte wohl 100 Verwundeten Platz geboten. Hier aber warteten 10 000 Mann im Freien! Viele hatten die Nacht im Freien verbracht, waren erfroren.“

In Kellern, Unterständen, Erdhöhlen – überall suchen Verwundete Schutz vor der Kälte. Kalwait bittet um Einlass, fleht: „‘Macht auf, ich suche nur einen Platz zum Aufwärmen!‘ Aber die Blechtüren bogen sich vor Überfüllung bereits nach außen, ließen sich nach innen nicht mehr öffnen. Viele Soldaten setzten sich entkräftet und verzweifelt in den Schnee. DIE MEISTEN STANDEN NICHT MEHR AUF! Hinsetzen bedeutete die Selbstaufgabe und den sicheren Tod.“

Mit Hilfe eines Divisionspfarrers kommt Kalwait zum Flugplatz Stalingradsky, wo drei JU 52 gelandet sind. Mit Wollschlauch um den Kopf, den rechten Fuß in eine Decke eingewickelt, humpelt er zur ersten Maschine. 21 Mann gehen an Bord – einer zu viel. Doch keiner will zurück bleiben. Im Bombenhagel russischer Flugzeuge startet die JU 52, schafft es nach Deutschland.

Der 1,83 m große Kalwait wiegt bei seiner Rettung nur noch 45 Kilo. Er überlebt.

Hans Eckhard Kalwait wohnt heute in Döhren, hat zwei Sohne (64, 67), wandert gern, singt seit 35 Jahren im Eisenbahnmännerchor. Er sagt: „Viele Angehörige meiner Kameraden fragten mich nach dem Schicksal ihrer Väter, Männer, Söhne. Einige fragten auch vorwurfsvoll, wieso gerade ich ausgeflogen wurde. Lange hat mich das alles beschäftigt. Erst im Laufe der Zeit habe ich zu innerer Ruhe zurückgefunden und das Trauma Stalingrad verdrängt.“

Seit 41 Jahren ist Kalwait mit seiner zweiten Ehefrau Hanna (79) verheiratet: „Wir sind sehr harmonisch und haben Verständnis füreinander. "Ich bin glücklich."

Keine Kommentare: