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Dienstag, 29. Januar 2013
+++Fertighäuser aus Polen! Lohnt sich das?+++
Fertighäuser aus Polen sind der neueste Schrei. Sie sind besonders günstig und schnell gebaut. Aber lohnt sich das Abenteuer? Die Meinungen gehen auseinander und viele Fachleute scheuen eine Äußerung.
Wenn wir etwas über unsere Nachbarn aus Polen wissen, dann dies: Sie machen auf dem Bau fast alles - vor allem aber für wenig Geld. Deshalb sind polnische Bauarbeiter längst ein Exportschlager. Doch ließe sich nicht noch viel mehr Geld sparen, wenn die Handwerker auch gleich das gesamte Material inklusive aller Vorarbeiten aus Polen mitbrächten und gleich fertige Häuser hier für uns errichten würden? Die polnischen Produzenten klotzen da in ihrer Werbung mächtig: Viele Deutsche könnten schon für kleines Geld zum Eigenheim kommen - mit einem Fertighaus aus Polen. Das gibt es schon ab 52.000 Euro, und wenn es nach ihnen geht, soll es der nächste große Exportschlager aus Osteuropa werden.
Mit langweiligen Einheitshütten vom Typ „Schuhkarton mit Satteldach“ haben die Häuser nur wenig zu tun. Die meisten sehen auch nicht wie eine ausgebaute Gartenlaube aus, höchstens die, die laut Katalog wirklich nur 50.000 bis 60.000 Euro kosten. Die übrigen Modelle ähneln eher einem modernen Townhouse oder einer amerikanischen Ranch, manchmal einer Villa im italienischen Stil, für die man dann aber eine viertel Million Euro hinlegen muss.
Ist das polnische Fertighaus die Lösung?
Zudem versprechen die Hersteller den Käufern „kein Haus aus dem Katalog, sondern ihr individuelles Traumhaus“. Schließlich könne der Bauherr vom Grundriss über die Innenausstattung und Außengestaltung noch alles frei wählen. Und das fertige Eigenheim koste ihn bis zu 30 Prozent weniger als eine vergleichbare Immobilie deutscher Fertighausanbieter, ist zu lesen. Eine fünfstellige Summe könne er mindestens sparen bei der teuersten Anschaffung seines Lebens. Gerade für junge Familien mit wenig Eigenkapital klingt das verlockend. Aber auch vermögendere Hauskäufer fragen sich immer öfter: Wäre das Fertighaus aus Polen die Lösung?
Mehrere hundert Kaufwillige diskutieren das derzeit in Bauforen und sozialen Netzwerken, so hat sich etwa eine 170-köpfige Gemeinde bei Facebook gefunden, die Vor- und Nachteile des deutsch-polnischen Hausbaus eruiert. Die größten Bedenken der Kaufwilligen: Sind die Häuser nur besonders günstig - oder auch billig produziert? Bezahlt der Bauherr also den geringeren Preis am Ende damit, dass er sich mit minderwertigen Materialien oder schlechterer Verarbeitung zufriedengibt und lange Kämpfe führen muss, wenn er einen Mangel vom Hersteller ausgebessert haben will, der weit weg in Polen sitzt und auf stur schaltet? Wie gut sind die polnischen Häuser also?
Die Meinungen derjenigen, die das Abenteuer Hausbau mit einem polnischen Unternehmen schon gewagt haben, klaffen weit auseinander. Auf der einen Seite machen sich verärgerte Billighausbesitzer im Internet Luft. Sie schimpfen darüber, dass „Türen klemmen“, „Fenster sich nicht öffnen lassen“, sich schon nach kurzer Zeit „überall Risse in den Wänden“ bilden oder die Innenräume „schiefe, wellige Wände“ haben. Auch über Baumängel an Treppenaufgängen, undichte Dachterrassen, unsachgemäße Dachverklebungen und Wasserschäden an den Außenwänden berichten sie häufig.
Auf der anderen Seite stehen begeisterte Bewohner, die in Bautagebüchern den Hausbau dokumentiert haben, die „fleißigen Bautrupps“ loben und immer wieder beteuern, wie schnell und unkompliziert ihr polnisches Häuschen errichtet worden sei. Allenfalls mit der Einhaltung von Terminen gebe es mal Probleme.
Die Hersteller müssen sich öfter mit extrem skeptischen Kunden auseinandersetzen, die sich alles ganz genau aufschlüsseln lassen, sagt Janus Bak von Galla Fertighaus: Woher kommt das Holz für den Bau? Werden ökologische Materialien verwendet, und gibt es Qualitätssiegel? Wer ist letztlich zuständig, wenn es Probleme gibt? Solche Fragen stellen Baks Kunden sofort, wenn sie auf Werbematerial für das „Fertighaus aus Polen“ gestoßen sind. Andere Hersteller bewerben ihre Herkunft weniger offensiv, so wenig wie die Optik der Häuser lassen ihre Firmennamen erahnen, wo die Häuser gefertigt werden.
Einer der bekannteren Anbieter, Danwood, lässt im Firmenlogo sogar ganz plakativ die dänische Flagge wehen und spielt mit Anklängen an dänisches Holzhausdesign. Hinter dem Anbieter aus Bielsk Podlaski steht die Budimex-Gruppe, der größte polnische Baukonzern. Das Geheimnis der dänischen Flagge erklärt der so: Bis 1996 fertigte eine dänische Vertriebsgesellschaft in Deutschland Fertighäuser für den europäischen Markt. Deren Markennamen hat Budimex 2002 gekauft.
Gute und schlechte Beispiele
Andere wie PAB Varioplan stellen gern ihre deutsche Vertriebs-GmbH in den Vordergrund, was aber kein ausschlaggebendes Argument für Kunden sein sollte. Viel wichtiger ist: Wo hat der Hersteller seinen Sitz, wie sieht seine Firmenhistorie aus, können Kunden fertige Häuser in Deutschland besichtigen? Und ist die Firma kreditwürdig? Diese Frage beantwortet eine Gewährleistungsbürgschaft der Anbieter-Bank oder eine Wirtschaftsauskunftei für 200 bis 300 Euro, das ist allemal billiger, als später seinem Geld hinterherzulaufen. Denn auch Fertighausanbieter können pleitegehen. Passiert so etwas, bevor ein Haus fertiggestellt ist, schlittern schnell auch die Bauherren in die Privatinsolvenz.
Vorsicht ist auch in Foren geboten, die sich den Anstrich geben, neutrale Informationen über Fertighäuser aus Polen zu vermitteln. Oft stecken dahinter immer dieselben Vertriebsmitarbeiter, die eben keine unabhängigen Fachleute sind, sondern das Geschäft mit der Suchmaschinenoptimierung gut verstehen. Auch manche verbreiteten Aussagen sind falsch, etwa die, viele deutsche Fertighaushersteller ließen ihre Häuser ohnehin schon in Polen vorfertigen. Der Bundesverband Deutscher Fertigbau schüttelt da den Kopf: Seine Mitgliedsunternehmen, die 90 Prozent des Marktes unter sich aufteilen, fertigten allesamt in Deutschland. Der Fertighausbau sei ein extrem regionales Geschäft. Ein bis zwei Unternehmen bezögen allenfalls Balken und Deckenelemente aus dem nahen Ausland.
Offiziell mögen sich die wenigsten Baufachleute äußern, wie gut die polnischen Häuser nun tatsächlich sind. Herstellerverbände, Architektenkammern und Gutachter verweisen darauf, dass es gute und schlechte Beispiele gebe wie in jedem anderen Bereich auch. Selbst der Verband privater Bauherren (VPB) sagt: „So pauschal kann man das nicht beurteilen. Aber die große Schwachstelle ist - wie bei jedem Fertighaus - die Verankerung des Hauses auf dem Grundstück“, warnt VPB-Geschäftsführerin Corinna Merzyn.
Verankerungsfehler und Feuchtigkeit sind klassische Probleme, mit denen viele Fertighauskäufer kämpfen. Die ausländischen Anbieter dürfen Keller und Bodenplatten hierzulande nicht selbst bauen beziehungsweise legen. Dafür müssen sie immer deutsche Firmen beauftragen. Die meisten Anbieter greifen auch für andere Dinge auf heimische Handwerker zurück, wenn es um die Bereiche Elektrik, Heizung und Sanitär geht. „Wir bauen die kompletten Häuser, aber die technischen Sachen machen wir ungern“, sagt etwa Janus Bak, „wenn später die Heizung kaputtgeht und wir müssen aus Polen jemanden schicken, dauert das viel zu lang.“
Das Grundproblem ist jedoch, dass viele Bauherren zu schlecht planen, findet Corinna Merzyn. Wenn ein Hersteller damit wirbt, ein Haus in wenigen Tagen aufzustellen, denken die Kunden, sie könnten die Sache mit dem Hausbau in wenigen Wochen erledigen. Viele sparten sich trotz aller Sonderwünsche den Architekten, so entstünden die schlimmsten Baufehler, „weil der Bautrupp am Ende gar nicht mehr weiß, was Sache ist, wird vieles nur noch zusammengeschustert“. So mancher Eigenheimbesitzer hat nachher schon vor falschen Wandabmessungen gestanden oder in einem „Niedrigenergiehaus“, das gar keines ist, weil der Wind durchzieht.
Einer der Hauptkritikpunkte an den günstigen Häusern aus Polen ist jedoch der Preis: Oft sind sie gar nicht mehr so günstig, nachdem sie nach Deutschland transportiert und hier errichtet worden sind. Die extrem kleinen Preise stehen nur deshalb im Katalog, weil noch keine Bodenplatten, Erdarbeiten, Sonderausstattungen, Vermessungs- und Transportkosten, Elektriker und etliche andere Posten mit eingerechnet sind. Unterm Strich, so stellen viele Käufer irgendwann fest, war der Einkauf jenseits der Grenze oft gar kein Schnäppchen.
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