Freitag, 15. November 2013

Geschichte kompakt No.41


Geschleifte Dörfer an der DDR-Grenze

Beim Ausbau der innerdeutschen Grenze wurden in der 5-Kilometer-Sperrzone nicht nur Einzelgebäude systematisch abgeräumt, die Flüchtlingen möglicherweise Unterschlupf bieten konnten. Viele grenznahe Dörfer wurden vollständig entvölkert, die Bewohner abgesiedelt und Häuser, Scheunen und Kirchen zerstört. Die Dimension dieser Maßnahmen wird erst nach und nach wieder bewusst.

Das Zweiländermuseum Rodachtal im thüringischen Straufhain konnte den Ansturm der interessierten Zuhörer kaum fassen, als Daniel Zuber über die geschleiften Orte Billmuthausen, Leitenhausen und Erlebach in Südthüringen, an der Grenze zu Bayern referierte. Er zeigte die Entwicklung dieser alten Ansiedlungen zwischen 1945 und 1987 auf, die seit dem 14. Jahrhundert als Rittergüter belegt sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die alten Besitzer enteignet und das karge Land an Vertriebene und Flüchtlinge verteilt. Unter schwierigsten Bedingungen schufen sich die Neusiedler wieder eine Existenz. Doch dann folgten In zwei großen Aktionen 1952 und 1961 planmäßige Absiedlungen all jener Menschen, die als politisch unzuverlässig erschienen. Der umfassenden Aufrüstung der Grenzanlagen ab 1961 fielen neben vielen Einzelgebäuden auch etliche Dörfer zum Opfer: 1972 Leitenhausen, 1978 Billmuthausen und im Winter 1987/88, noch kurz vor der Wende, Erlebach. 
Betroffen war auch Schloss Seidingstadt, der Geburtsort der nachmaligen bayerischen Königin Therese, deren Hochzeitsfeier zum ersten Münchner Oktoberfest wurde. Mit Feuer und Spitzhacke – Ablauf und Umstände harren noch der Klärung – wurde der imposante Bau 1979 dem Erdboden gleichgemacht. 
Sowohl bei den ausgesiedelten und geflohenen Menschen als auch bei der systemtreuen Bevölkerung in der ehemaligen Sperrzone hat die Geschichte bis heute tiefe Spuren hinterlassen. Das bewiesen auch die Reaktionen auf den Vortrag.

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