Der Elysée versteigert erstmals einen Teil seiner Weinvorräte: 1200 Flaschen edler Tropfen wurden aus den Tiefen des Palastgewölbes geholt und kommen jetzt unter den Hammer. Als Abkehr vom Savoir-vivre will Präsident François Hollande die Auktion allerdings nicht verstanden wissen.
Der Schatz liegt, gut geschützt, in den Tiefen des Palastes. Gleich neben dem Bunker mit dem Codenamen "Jupiter", der im Ernstfall das Hauptquartier von Frankreichs atomarer Streitmacht beherbergt, befindet sich einer der besten Weinkeller Frankreichs. In Kisten und Gestellen ruhen im Halbdunkel des Elysée-Gewölbes, gut klimatisiert, insgesamt rund 15.000 Flaschen aus den besten Lagen der Nation, weit mehr als die Vorräte von Außenministerium, Parlament oder Senat. Zu den Kostbarkeiten zählen Grand Crus wie Pétrus, Lafite oder Mouton; dazu edle Champagnersorten und einige ausländische Spitzengewächse.
Ein kleiner Teil dieser Preziosen, rund 1200 Flaschen, kommen nun unter den Hammer. Nicht, dass der Sozialist François Hollande dem Luxus komplett abschwören wollte. "Damit will ich nicht herausstellen, dass ich ein 'normaler Präsident' bin", so Hollande vor Mitarbeitern.
Preise bis zu 2500 Euro
Grund für die Aktion ist, dass viele der Weine nicht mehr in genügend großer Zahl vorhanden sind, um bei Banketten serviert zu werden. Der Erlös der Auktion soll für den Ankauf bescheidenerer Cuvées investiert werden, "der Überschuss fließt in den Haushalt".
Versteigert werden Weine, die sonst bei Banketts und Empfängen verkostet wurden: Elsässer Riesling und Gewürztraminer, Chablis, Corton, Meursault aus dem Burgund, Weine von der Loire, aus dem Bordeaux und dem Rhônetal. Die Schätzpreise liegen zwischen 30 und 2500 Euro. "Es handelt sich um ein Spektrum unseres önologischen Savoir-faire", so die poetische Pressemitteilung des Auktionshauses "Kapandji Morhange". Die Weine seien "gleichermaßen Botschafter der Kultur wie der französischen Traditionen".
Und die werden von Staatswegen im Elysée besonders gepflegt, immerhin versteht man den Wein als Reichtum und Erbe der Nation. Seit 1879, als der ehemalige Stadtpalais offiziell zum Amtssitz des Präsidenten der Republik gekürt wurde, werden hier die besten Tropfen eingelagert - bestimmt zum Genuss bei feierlichen Staatsdiners. Die deutschen Soldaten, die nach der Besetzung von Paris am 14. Juni 1940 die Hakenkreuzflagge über dem Gebäude hissten, hielten sich nicht an die Usancen - zur Siegesfeier plünderten sie ohne Scheu die exquisiten Vorräte.
Weinetat von 250.000 Euro
Schon 1947 erhielt der Elysée einen neuen Weinkeller, forthin bei jeder Ernte ergänzt um die edelsten Jahrgänge. Dabei waren nicht alle Staatschefs große Connaisseure:
General de Gaulle trank zwar gerne Wein, liebte aber besonders Champagner der Marke Drappier - für den er freilich selbst bezahlte.
François Mitterrand schätzte Haut-Marbuzet aus dem Médoc.
Nachfolger Jacques Chirac genehmigte sich in den Privatgemächern lieber ein Bier der mexikanischen Marke Corona. Chiracs Ehefrau Bernadette, Gastgeberin des Hauses, ließ indes den präsidialen Weinkeller renovieren und kümmerte sich mit Engagement um regelmäßige Zukäufe von Prestigegütern wie Mouton-Rothschild oder Margaux - das Budget erhöhte sich um satte 20 Prozent.
Unter Anti-Alkoholiker Nicolas Sarkozy ("Ich höre lieber wie andere über Wein reden") wurden die Mittel aus Krisengründen gekürzt; mit 250.000 Euro jährlich verfügte Sommelière Virginie Routis aber immer noch über ein eher üppiges Budget.
Die Kellermeisterin, von Sozialist Hollande übernommen, überwacht auch den jetzigen Verkauf. Schon vor drei Monaten wurden die aussortierten Weine in die Gewölbe der Kellerei "Chemin des Vignes" geschafft. Hier in Issy-les Moulineaux, einem Vorort von Paris, liegen die Flaschen zur Begutachtung bereit: Ein Château Suduiraut von 1967 etwa, von "honigartiger Farbe" oder ein Yquem "Premier cru" von 1855.
"Diese exzellenten Produkte lassen die Leute ins Träumen kommen", sagt Yves Legrand, Besitzer der Gewölbe. Und damit meint er nicht nur die Qualität der zum Teil leicht eingestaubten Ware - fast genauso wichtig wie der Wein, ist ihr Vorbesitzer. "Die Tatsache, dass die Flaschen aus dem Elysée stammen, schafft eine Menge Prestige", so ein Mitarbeiter. Und dass dieses Prestige auf der heimischen Tafel sichtbar wird, garantieren eigens angebrachte Markierungen in Blau-Weiß-Rot - Aufkleber in den Farben der Republik.
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