Dienstag, 28. Mai 2013

+++GLETSCHERSCHMELZE, oder wie eine Pflanze 400 Jahre Eis überlebte+++


Klein, unauffällig - und unverwüstlich: Moose können jahrhundertelang eingefroren sein, nach dem Auftauen erwachen sie wieder zum Leben. Das stellten Forscher an einem schmelzenden Gletscher im Norden Kanadas fest.

Moose können einen jahrhundertelangen Schlaf unter Gletschereis überleben. Kanadische Forscher haben festgestellt, dass die Pflanzen wieder zu wachsen beginnen, wenn sie durch den Rückzug des Gletschers ans Tageslicht kommen. Die Wissenschaftler von der University of Alberta in Edmonton zogen die Pflanzen auch im Labor heran. Die Moose verfügten über sehr widerstands- und wandlungsfähige Zellen, aus denen neue Pflanzen hervorgehen können, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences".

Catherine La Farge und ihre Kollegen hatten die Flora am Sverdrup-Pass auf der Ellesmere-Insel des kanadisch-arktischen Archipels untersucht. Der dortige Teardrop-Gletscher hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts erheblich zurückgezogen. Seit 2004 ist die Rückzugsgeschwindigkeit noch einmal stark angestiegen - zwischen 2004 und 2007 wich der Gletscher pro Jahr um gut vier Meter zurück.
Den Forschern fiel zunächst auf, dass Moose, die unter der weichenden Eisschicht zum Vorschein kamen, erstaunlich unversehrt aussahen. Sie schienen sogar neue grüne Äste zu bilden, also wieder zu wachsen. Bisher hatten Forscher angenommen, die unter einem Gletscher hervorkommenden Pflanzen seien tot.

In der kleinen Eiszeit unterm Gletscher verschwunden

Um das genauer zu prüfen, nahmen die Forscher kleine Pflanzenstücke und versuchten, diese im Labor zum Wachsen zu bringen. Das klappte erstaunlich gut, Moose verschiedener Arten erwachten wieder zum Leben. Am häufigsten schafften es Exemplare des Streifensternmooses Aulacomnium turgidum wieder zu wachsen.

Per Radiokarbonmessung ermittelten die Wissenschaftler, dass die Pflanzen vor gut 400 Jahren im Eis eingeschlossen worden waren. Damals herrschte auf der Erde eine kleine Eiszeit, die im 15. Jahrhundert begann und bis ins 19. hinein andauerte.

Moose besäßen eine bemerkenswerte biologische Widerstandfähigkeit, schreiben die Forscher. Dies liege unter anderem daran, dass ihre Zellen sich in undifferenzierte Zellen verwandeln können. Aus diesen können dann ähnlich wie aus den Stammzellen bei Menschen und Tieren die verschiedenen Gewebearten hervorgehen. Zusätzlich kontrollieren Moospflanzen ihren Wassergehalt nicht. Fehlt das Wasser, trocknen sie einfach aus. Sind die Bedingungen dann wieder günstig, können sie erneut wachsen.
Kürzlich war es Biologen gelungen, eine vor gut 30.000 Jahren eingefrorene Pflanze wieder zum Leben zu erwecken. Allerdings war es ein aufwendiger Prozess, aus unreifen Früchten von Silene stenophylla ein blühendes Gewächs zu ziehen. Bei den Moosen war die Wiederbelebung vergleichsweise einfach: Die Forscher hatten einfach die vertrockneten Stämmchen oder Blättchen zermahlen und im Labor auf etwas Erdreich oder Nährmedium ausgesät.

Nach Angaben der Wissenschaftler zeigt das Experiment, dass diese Eigenschaften der Moose auch über Jahrhunderte und unter extremen Bedingungen erhalten bleiben.

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