Sonntag, 24. März 2013

+++SCHLAU SEIN WOLLEN ALLE, kreativ, konzentriert, jung im Kopf und gedächtnisstark natürlich auch+++


Die Vorstellung, im Laufe des Lebens geistig abzubauen oder gar an einer Demenz zu erkranken, ist ein weitverbreiteter Albtraum in Deutschland. Aber Neurologen und Wissenschaftler beruhigen: Mit ein paar Regeln bleiben die geistigen Fähigkeiten ein Leben lang – und lassen sich sogar noch ausbauen. Auch ältere Menschen sind in der Lage, ihren Kopf klug und kreativ zu halten und dem schleichenden geistigen Verfall Einhalt zu gebieten.

Wie das am besten zu bewerkstelligen ist, darüber gibt es heftige Debatten – und halten sich jede Menge hartnäckige Gerüchte. Das Gehirn zu fordern und zu trainieren wie einen Muskel ist die naheliegende Methode, um geistig fit zu bleiben – doch ihre Wirkung ist höchst umstritten. Während einige Spezialisten Computerprogramme für Hirntraining bevorzugen, legen andere Forscher den Schwerpunkt auf Veränderungen im Lebensstil. Viel zu viel Unsinn ist über die Abläufe in unserem Gehirn im Umlauf: Legenden, die sich hartnäckig halten und die sogar gefährlich sein können.
Hier sind die zehn berühmtesten Legenden – und die Maßnahmen, die stattdessen von den meisten Wissenschaftlern empfohlen werden.

Mythos 1: Meditation beruhigt den Kopf

So still und friedlich sehen meditierende Menschen aus, dass man kaum glauben kann, in ihrem Gehirn rege sich noch etwas. Weit gefehlt. Mithilfe von Hirnscans und Hirnstrommessungen fanden Forscher heraus, dass sich in den Köpfen meditierender Mönche viel mehr abspielt, als in denen von ruhenden Testpersonen. Bei den Mönchen waren besonders die Gamma-Wellen aktiv. Diese Wellen werden sowohl mit transzendentalen Erlebnissen als auch mit kognitiven Höchstleistungen in Verbindung gebracht. Ein zweites Ergebnis der Hirnforschung ist, dass es aufgrund von Meditation zu Veränderungen der Hirnsubstanz kommt. In verschiedenen Arealen des Gehirns sei es nach mehreren Wochen regelmäßigen Meditierens zu einer höheren Dichte von Nervenzellen gekommen, sagen amerikanische Forscher. Möglicherweise wachsen während der Meditation sogar zusätzliche Nervenzellen.

Mythos 2: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr

Sigmund Freud hatte viel für die menschliche Psyche übrig und behandelte auch scheinbar hoffnungslose Fälle. Nur alte Menschen hielt er für nicht mehr therapierbar, da ihnen die „Plastizität der seelischen Vorgänge zu fehlen pflegt“, sie also nicht mehr zu ändern seien. Heute dagegen berichten Psychotherapeuten, wie Hartmut Radebold, der inzwischen emeritierter Professor für Klinische Psychologie ist, dass Ältere über 50 Jahre sogar besonders gut zu therapieren sind. Studien zeigen, dass Menschen bis ins hohe Alter hinein lernen. Auch dass abgestorbene Hirnzellen nicht mehr ersetzt werden, ist wohl ein Mythos. Das Gehirn scheint sich Zeit seines Lebens zu verändern, dafür muss es allerdings auch trainiert werden – und zwar möglichst vielfältig.

Mythos 3: Hirnjogging macht schlau

Sogenannte Hirnjogging-Programme, die Gedächtnis und Gehirnleistung trainieren sollen, erleben derzeit einen Boom. In Amerika gibt es „Fitness-Studios“ fürs Gehirn, in denen Menschen reihenweise vor Computern sitzen und durch das Spielen verschiedener Programme ihre Intelligenz steigern wollen. Die schlechte Nachricht: Es gibt kein Training, das den Menschen schlauer macht. Die gute: Bestimmte Gedächtnisfunktionen lassen sich sehr gut trainieren. Werden etwa Wortreihen regelmäßig auswendig gelernt, so wird der Spieler auch in genau diesem Bereich besser werden. Auch die Hinweise darauf, dass Sudoku-Spielen allgemein das Arbeitsgedächtnis oder die Wahrnehmungsgeschwindigkeit verbessert, seien bislang noch nicht bestätigt, erklären Hirnforscher. Das Sudoku-Spielen führe nur dazu, dass man im Sudoku-Spielen besser wird. Statt durch Hirnjogging kann der Kopf auch anderes trainiert werden: durch Fremdsprachen, musizieren oder soziale Kontakte.

Mythos 4: Mit Musik lernt sich’s leichter

Schüler behaupten gerne, dass sie mit Radio oder einer CD im Hintergrund besser lernen können. Aber auch in Büros dudelt Musik und feixen smarte Moderatoren, während sich die Angestellten um ihre Arbeit kümmern. Das funktioniere meist nicht besonders gut, erklärt Lutz Jäncke, Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich. „Hören und Lernen sind zwei verschiedene Tätigkeiten. Werden sie simultan ausgeführt, wirkt das belastender“, sagt er. Ohne es zu merken, gebe man sich meist der Musik hin – auf Kosten des Lernens. „Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn der Lernende müde und demotiviert ist“, bemerkt Jäncke. Dann könne kurzzeitige Musik helfen. Es sei dann allerdings vermutlich besser, eine Pause zu machen, in der Musik gehört wird und anschließend frisch und munter wieder ans Werk zu gehen. Popgesang und Vokabeln vertrügen sich am schlechtesten, dagegen könne Musik beim Malen durchaus beflügeln.

Mythos 5: Sudoku gegen Alzheimer

Ein Spiel, 81 Kästchen – und eine unglaubliche Leidenschaft, die in Japan ihren Anfang nahm: Sudoku. Kann das Rätsel Alzheimer verhindern? Die Deutschen werden immer älter, die Fälle von Demenz nehmen stark zu. Was also tun? Die Antwort gaben 30 Neurowissenschaftler und Alternsforscher jetzt in einem Memorandum, in dem sie ihre Zweifel an den Hirn-Trainings veröffentlichten. Das Gehirn sei zwar wie ein Muskel, dessen Funktionen man mit Rätseln, Programmen, Gedächtnisspielen trainieren könne. Derzeit gebe es „keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass markterhältliche Software-Programme oder andere kognitive oder soziale Interventionen einer Demenzerkrankung tatsächlich vorbeugen oder verzögern“ könnten. Wichtiger dagegen sei die körperliche Gesundheit, insbesondere die Kontrolle der Blutdruck und Blutzuckerwerte könne positiv zur geistigen Leistungsfähigkeit beitragen.

Mythos 6: Mozart macht schlau

Etliche Fangruppen auf bizarren Seiten im Internet postulieren, dass das Hören von Mozart-Musik einen positiven Effekt auf Intelligenzleistungen habe. Dabei übersehen sie allerdings, dass die zugrunde liegenden Untersuchungen der Psychologen Frances Rauscher und Kim Ky, in Zusammenarbeit mit dem Physiker Gordon Shaw, bestenfalls Rückschlüsse auf räumlich-visuelle Fähigkeiten zulassen, jedoch keinesfalls auf den IQ. Des Weiteren entstand der vermeintliche Leistungseffekt von Mozart-Musik im Vergleich zu Ruhe- und Entspannungsbedingungen. Mehrere Untersuchungen führten zu der Hypothese, dass der Mozart-Effekt in den Fällen, in denen er sich nachweisen ließ, als Folge der höheren kognitiven Erregung und der besseren Stimmung der Versuchspersonen erklärt werden kann. Demnach gebe es auch einen Schubert-Effekt, einen Stephen-King- wie auch einen Kaffee-Effekt, erklären die Forscher.

Mythos 7: Pillen beflügeln den Geist

Die Wirkung von Hirndoping-Präparaten auf Lernfähigkeit und Hirnleistung ist umstritten. So erhöhte sich bei der Einnahme von Ritalin nicht nur die Aufmerksamkeit von Testpersonen, sondern auch deren Impulsivität. Durch voreilige Antworten schnitten die „Gedopten“ schlechter ab als jene Teilnehmer, die nichts geschluckt hatten. Falsch ist auch die Behauptung, dass Hirndoping keine Nebenwirkungen habe. Das stimmt weder für Ritalin noch für Modafinil: Nach mehreren Zwischenfällen schrieb der Hersteller von Modafinil Ende 2007 in einem Brief an alle Ärzte, dass es bei Einnahme von Modafinil zu lebensgefährlichen Reaktionen und Halluzinationen, Manien oder Selbstmordgedanken kommen könne. Weitere Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Nervosität, Sehstörungen und Magen-Darm-Probleme. Auch Störungen des Herz-Kreislauf-Systems, ein erhöhtes Schlaganfallsrisiko sowie das vermehrte Auftreten psychischer Störungen werden genannt.

Mythos 8: Unter Druck lernt sich’s besser

Viele Studenten beginnen erst kurz vor den Klausuren mit dem Lernen und glauben, dass sie durch den Druck effektiver arbeiten können. Aber vielleicht haben sie es vorher einfach gar nicht probiert? Studien jedenfalls legen das entspannte Lernen nahe. Bei Stress werden verschiedene Hormone wie Cortisol und Adrenalin im Körper freigesetzt. Sie versetzen den gesamten Körper in einen aufmerksamen Zustand, bereiten ihn aber auch auf Bewegung, Kampf oder Flucht vor. Ein mittlerer Stresslevel könne sich durchaus positiv auf das Lernen auswirken und sei auch bei Prüfungen nicht von Nachteil, erklären Psychologen. Sobald ein gewisser Punkt allerdings überschritten ist, werden Inhalte nicht mehr gründlich verarbeitet und gespeichert. Daher sollten auch Eltern und Lehrer darauf verzichten, ihre Kinder oder Schüler unter psychischen Druck zu setzen. Entspannung und Ruhe helfen vor allem beim verstehenden Lernen und beim Lösen komplizierter Aufgaben.

Mythos 9: Zucker für die Nerven

Zucker als Nervennahrung – dass da etwas dran sein muss, zeigen ja schon die Schlangen vor den Süßigkeitenautomaten in Universitäts-Bibliotheken. Oder etwa nicht? Es ist eine Frage der Dosis, wie Ernährungsforscher wissen. Zu viel Zucker und Fett schaden dem Gehirn, wie Wissenschaftler an einem Experiment mit Ratten zeigen. Wurden die Tierchen mit stark zucker- und fetthaltigem Futter gemästet, bauten sie geistig ab und wurden anfälliger für Hirnschäden. Wichtiger als Zusatzpräparate, Zucker oder ähnliches scheint Trinken für das Gehirn zu sein. Ein bis zwei Liter am Tag sollen die Leistungsfähigkeit stärken.

Mythos 10: Sport macht dumm

Trainieren Sportler ihre Muskeln auf Kosten des Kopfes? Von wegen. Sport ist nicht nur für Kinder wichtig – er regt die Reifung des kindlichen Gehirns an –, sondern auch für Ältere, denn er beeinflusst offenbar den Abbau von Gehirnzellen. Körperliche Bewegung könne zur Steigerung der Hirnfitness beitragen, schreiben die Wissenschaftler des Stanford Center on Longevity und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in ihrem Memorandum. „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass regelmäßiges körperliches Ausdauertraining die Hirndurchblutung steigert und die Bildung neuer Blutgefäße und Nervenzellverbindungen anregt“, ist darin zu lesen. Ausdauertraining steigere die Aufmerksamkeit, das Denkvermögen und die Gedächtnisleistung. „Körperliches Training ist ein vielversprechender Ansatz zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit“, sagen die Wissenschaftler.


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