Ein Meilenstein in der Geschichte des Vatikans: Nach Skandalen und Gerüchten über schwarze Konten, Geldwäsche und Korruption veröffentlicht die Vatikanbank erstmals eine Jahresbilanz. Das Institut will damit Verschwörungstheorien aus der Welt schaffen - doch es geht um mehr als Moral und Ethik.
Erstmals in ihrer 70-jährigen Geschichte hat die geheimnisumwobene Vatikanbank einen offiziellen Jahresbericht über ihre Geschäftstätigkeit vorgelegt. Demnach hat die Bank ihren Gewinn im vergangenen Jahr auf 86,6 Millionen Euro vervierfacht. Die nach internationalen Standards zusammengestellte Bilanz gilt als Meilenstein in der Geschichte des Vatikans und der Bank, die offiziell "Istituto per le Opere di Religione" (Institut für die religiösen Werke, kurz IOR) heißt.
Erstmals bekommen Außenstehende nun Einblicke in eine Welt, die bislang als hermetisch abgeschlossen galt und immer wieder mit Skandalen und Gerüchten über schwarze Konten, Geldwäsche und Korruption in die Schlagzeilen geraten war. Die Vatikanbank, einst abgeschottet und mysteriös, soll nach dem Willen ihres deutschen Präsidenten Ernst von Freyberg nun transparenter werden. Ziel des Umbaus sei es, dass die Bank die internationalen Transparenzregeln zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung erfüllt.
Mit der Veröffentlichung der Bilanz wolle man "Verschwörungstheorien aus der Welt" schaffen, sagte von Freyberg. Für den Bankchef geht es hierbei allerdings um mehr als Moral und Ethik: Nur wenn seine Bank internationale Standards einhält, kann sie Geschäftsverkehr mit anderen internationalen Banken führen.
Laut Geschäftsbericht verwaltet das Finanzinstitut Kundeneinlagen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro und investiert das Geld vor allem in festverzinsliche Wertpapiere europäischer Länder - also eher konservativ. Ein Großteil der Kunden gehört zum engeren Kreis der katholischen Kirche: Ordensgemeinschaften, Botschaften des Heiligen Stuhls, Kardinäle und Bischöfe. Zuletzt hatte die Bank an die 19.000 Kunden - verglichen mit anderen Banken ist der Kundenkreis also überschaubar klein.
Noch ist unklar, ob Papst Franziskus an der Vatikanbank festhält
Der Umbau des IOR wurde bereits unter Papst Benedikt im Jahre 2010 angestoßen. Unter Papst Franziskus wurde dann eine Untersuchungskommission eingerichtet, seit Mai werden die Kundenkonten von externen Wirtschaftsprüfern systematisch durchleuchtet. Über erste Ergebnisse berichtet nun die Mailänder Zeitung Corriere della Sera: So soll die Vatikanbank bereits 900 ihrer Kunden aufgefordert haben, ihr Konto bei dem Finanzinstitut zu kündigen. Grund: Auf vielen Konten habe man verdächtige Transaktionen bemerkt.
So seien wegen des Verdachts auf Geldwäsche die Konten von vier Botschaften geschlossen worden; von den Konten der Vertretungen der Länder Syrien, Iran, Irak und Indonesien seien verdächtig hohe Bargeldsummen abgehoben worden, heißt es. Im Vatikan wurde der Bericht nicht dementiert.
Für Vatikan-Kenner ist die neue Transparenz beim IOR auch Teil der von Papst Franziskus angestoßenen Reformen der Kirche. Noch ist nicht klar, ob er überhaupt an der Vatikanbank festhalten will. Vor einigen Wochen sagte er, es sei noch nicht entschieden, ob das IOR in seiner jetzigen Form weitermache - oder in einen neuen Sozialfonds umstrukturiert werde.
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