Donnerstag, 31. Januar 2013

+++Erste Jahresbilanz von FACEBOOK+++



Mark Zuckerberg darf aufatmen - Facebook lässt das Börsendebakel 2012 langsam hinter sich. Der Werbeumsatz steigt, das Mobilgeschäft läuft, die Zahl der Nutzer überschreitet eine Milliarde. Und trotzdem: Investoren bleiben skeptisch.

Die Nervosität war Mark Zuckerberg anzumerken. Seine Stimme war hoch und nasal, viel zu schnell las er die Worte vom Blatt, verhaspelte sich. Erst spät fand er seinen Rhythmus. Als es schließlich um Fragen ging, zu denen er lieber schweigt, beharrte er bestimmt: "Dazu kann ich nicht viel mitteilen."

Es war das erste Mal seit dem missratenen Börsengang, dass Facebook eine komplette Jahresbilanz vorlegte. Kein Wunder, dass nicht nur die Wall Street bei dieser Konferenzschaltung am Mittwochabend gespannt auf die Ergebnisse wartete - und darauf, wie sich Facebook-Gründer Zuckerberg präsentierte.
Solche Termine sind Routine. Doch diesmal horchte man schon mal genauer hin. Nach der als dilettantisch kritisierten PR-Roadshow und dem verpatzten Börsengang im Mai vorigen Jahres musste Zuckerberg, 28, beweisen: Er hat das Zeug zum Tycoon - und Facebook den langen Atem, den sich die Anleger wünschen.

Fazit: Über beides ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Märkte reagierten entsprechend. Trotz erfreulicher Zahlen, vor allem dank des verbesserten Mobilgeschäfts, schmierte die Facebook-Aktie im Handel nach Börsenschluss ab und fing sich auch während des 57-minütigen Frage-und-Antwort-Spiels mit Analysten kaum.

Investoren sind also immer noch skeptisch. Trotz eines Quartalsumsatzes von 1,6 Milliarden Dollar, 40 Prozent mehr als im Quartal zuvor. Trotz des stärksten Anstiegs der Werbeeinnahmen seit dem Börsengang, um 41 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar. Trotz mehr als einer Milliarde aktiver Nutzer, ein Jahresplus von 25 Prozent. Trotz des "besten Tages" (Zuckerberg) in der digitalen Facebook-Geschichte: An Neujahr wurden mehr als 600 Millionen Fotos geladen.

Das Mobilgeschäft bleibt eine Herausforderung

Immerhin, Insider gaben sich verhalten zufrieden. "Alles war geringfügig besser als erwartet", sagte Michael Pachter, Internetanalyst der Investmentfirma Wedbush Securities. "Ich sehe hier nichts, was mich veranlassen würde, die Aktie zu verkaufen."

Ein lauwarmes Bekenntnis - doch nach dem Desaster der vergangenen Monate das Beste, was sich Facebook wünschen kann. Nach dem Nasdaq-Debüt im Mai mit 38 Dollar hatte die Aktie zeitweise mehr als die Hälfte verloren. Tiefststand im September: 17,73 Dollar.

Es ist das größte Fragezeichen, das seit dem Börsengang über Facebook schwebt: Wie kann das Unternehmen überhaupt Geld verdienen - nicht zuletzt bei der rasant wachsenden Mobilität seiner Nutzer, die sich immer mehr vom klassischen Desktop-Computer abwenden? Facebook schien diesen Wandel bisher zu ignorieren oder ihm hilflos ausgeliefert zu sein: Seine mobile App war beklagenswert und ungeeignet für Werbung.

Die jüngsten Zahlen zeigen aber: Facebook - das Nutzer mit einem jovialen "Alles klar, …?" begrüßt - attackiert seine Mankos aggressiv. "Kein Zweifel", versicherte Zuckerberg jetzt. "Facebook ist ein mobiles Unternehmen."

In der Tat: Der Anteil des Mobilgeschäfts am gesamten Anzeigenumsatz von Facebook hat sich fast verdoppelt, von 14 Prozent im dritten Quartal 2012 auf 23 Prozent im vierten. "Jeden Tag nutzen mehr Leute Facebook mobil als auf einem Desktop", sagte Zuckerberg. "Das war eine Herausforderung. Wir fingen mit Apps an, die von nicht besonders hoher Qualität waren."

Die Werbeeinnahmen sprudeln

Facebook musste sich dabei hinter den Kulissen fast neu erfinden. Erst Ende 2011 erkannte es die wachsende Bedeutung der Smartphones. "Wir brauchten etwas qualitiv Neues", erläuterte Facebook-Mobilchef Mike Shaver den Geistesblitz im "Wall Street Journal". "Wir brauchen eine nukleare Option."

Das Mobilpersonal wurde aufgestockt. Es gab Seminare für die Betriebssysteme Android und iOS. Vor allem aber: Die iPhone-App wurde komplett neu gebaut. Relaunch war im August 2012. Die Android-Version folgte im Dezember.

Hinter dem spürbar besseren, schnelleren und glatteren Nutzererlebnis verbarg sich viel mehr - besserer Service für die Werbekunden. Nun konnten die mobile Anzeigen schalten, anfangs noch plumpe, dann immer anspruchsvollere.

Facebook hat auf die Kritiker gehört. "Vieles von dem, was wir tun mussten, bestand einfach darin, unseren mobilen Entwicklungsprozess zu verbessern", bestätigte Zuckerberg am Mittwoch. "Jetzt sind wir da." Auch Geschäftsführerin Sheryl Sandberg und Finanzchef David Ebersman überschlugen sich, das Mobilgeschäft in höchsten Tönen zu preisen. Kein Wort fiel öfter als "mobil".

Die panische Frage des vergangenen Jahres, wie Facebook seine massiven Nutzerdaten überhaupt in Geld verwandeln könne, hat sich damit zunächst einmal beantwortet. Der Einzelhandelsriese Walmart, so berichtete Sandberg, habe via Facebook allein über die Weihnachtsfeiertage 50 Millionen mobile Anzeigen an potentielle Kunden "zugestellt".
Die nächste, womöglich bedenkliche Datenverwertungsmaschinerie ist bereits gestartet: Facebooks neue Suchfunktion "Graph Search". "Wenn wir das potentiell gut machen", sagte Zuckerberg, "könnte das ein bedeutungsvolles Geschäft für uns werden." Die Mitte Januar vorgestellte Innovation soll "die Welt zu einem stärker verknüpften und offenen Ort" machen - und den Erzrivalen Google ausmanövrieren.

Dazu hatte Zuckerberg ansonsten nichts zu sagen. Nur das: "Unsere Beziehung ist keine, wo die Unternehmen wirklich miteinander reden." Es war ein seltener Einblick in die Welt des Silicon Valley, in der sich Tycoons oft noch wie Kinder benehmen.

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