"Mit den Flügeln der Zeit fliegt die Traurigkeit davon!" (Jean de La Fontaine)
Der französische Schriftsteller Jean de La Fontaine wurde am 8. Juli 1621 in Château-Thierry geboren und verstarb am 13. April 1695 in Paris.
Schon in der u. a. an Ovid orientierten Idylle "Adonis" (1656, letzte Fassung 1671) zeigt sich seine subtile Verskunst. Seine frivol-galanten "Contes et nouvelles en vers" (5 Teile, 1665–86; deutsch "Schwänke und Märchen") beziehen ihre Motive aus antiken Vorbildern (Anakreon, Petronius, Apuleius) sowie aus der italienischen (Boccaccio, Ariosto u. a.) und französischen Literatur (Margarete von Navarra, F. Rabelais u. a.), verfahren jedoch relativ frei mit den jeweiligen Vorlagen und zeigen – bei skeptisch-libertinistischer Grundhaltung – durch Abwandlung und Ausschmückung der Themen den Geist des 17. Jahrhunderts. Durch seine "Fables" (12 Bücher, 1668–78/79 und 1694; deutsch "Fabeln"), die seinen literarischen Ruhm begründeten, wurde er zum Erneuerer dieser Gattung. Ursprünglich als Übertragung und Imitation antiker Muster (Aisopos, Phaedrus, Avianus, Horaz, Ovid) und der gerade in Europa bekannt gewordenen orientalischen Märchen angelegt, entwickelten sich die Fabeln vor dem Hintergrund der Naturbeschreibung zu einer subtilen und psychologisch vertieften Darstellung menschlichen Zusammenlebens, zum Teil können sie auch als Satire auf die Gesellschaft des 17. Jahrhunderts gelesen werden.
Die Vermittlung praktischer Lebens- und Menschenkenntnis tritt dabei in den Hintergrund; oft wird die moralische Bewertung dem Leser überlassen, zum Teil fehlt das belehrende Moment ganz. Insgesamt lassen die Fabeln eine epikureisch-pessimistische Weltsicht erkennen. Der bildhaft knappen Aussage entspricht eine anschaulich-pointierte Sprache, die die unterschiedlichsten Stilelemente verbindet, umgangssprachliche Elemente, Provinzialismen, Neologismen und Archaismen einbezieht und im Versbau durch zum Teil freien Umgang mit der klassischen Metrik gekennzeichnet ist.
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