Montag, 4. Februar 2013

+++JOSEPH "JOE" FLACCO - der Multi-Millionen Dollar Quarterback+++



Joe Flacco galt als mittelmäßiger Quarterback, weit entfernt von der Elite. Ausgerechnet beim Super Bowl zeigte es der Spielmacher seinen Kritikern - und führte die Baltimore Ravens zum Titel. Für Flacco wird sich das NFL-Finale nun richtig auszahlen.

Die mehreren hundert Fans um ihn herum skandierten "MVP, MVP", so laut es ihnen noch möglich war. Joe Flacco, der "Most Valuable Player", der wertvollste Mann des Spiels, saß etwas müde am Expertentisch des NFL-Networks in einer Ecke des Superdomes von New Orleans. Auch knapp 45 Minuten nach dem 34:31-Super-Bowl-Sieg seiner Baltimore Ravens gegen die San Francisco 49ers konnte er immer noch nicht so richtig in Worte fassen, was da gerade passiert war. "Wenn ich das schon realisiert hätte, würde ich wahrscheinlich nicht hier sitzen", sagte der Quarterback. Dass er dort Platz nahm, war ohnehin überraschend. Viele Fachleute hatten statt seiner Person Colin Kaepernick erwartet, den Spielmacher der 49ers.

Die Kalifornier galten als leicht favorisiert in diesem Super Bowl. Es war Kaepernick, der sowohl mit seinem Lauf- als auch Passspiel in den bisherigen Playoffs die Schlagzeilen bestimmt hatte. Doch nun gab er sich in der Mixed-Zone kurzsilbig, leise und trotz einer starken zweiten Halbzeit selbstkritisch. "Wir haben verloren, also war ich offensichtlich nicht gut genug." Flacco hingegen hatte mit zunehmender Spieldauer auf dem Rasen immer mehr Spaß und präsentierte sich so locker und gelöst, wie ihn die Öffentlichkeit wohl noch nie erlebt hat.

Dieser 3. Februar war nicht nur der Tag, an dem er Baltimore zum zweiten Titel der Vereinsgeschichte geführt hat und als 26. Quarterback Super-Bowl-MVP geworden war. Seine Leistung an diesem Sonntag wird sich demnächst richtig bezahlt machen. Flaccos Vertrag endet. Bereits im Vorjahr wollte der Verein verlängern, Team-Besitzer Steve Bisciotti soll bereit gewesen sein, seinem Spielmacher bis zu 16 Millionen Dollar pro Jahr zu zahlen. Flacco lehnte ab.

Seine Berater sahen ihn eher im Bereich eines Peyton Manning oder eines Drew Brees. Die Quarterbacks aus Denver und New Orleans streichen jährlich 19,6 beziehungsweise 20 Millionen Dollar ein. Doch sie gelten eben auch seit Jahren neben Tom Brady (New England), Aaron Rodgers (Green Bay) oder Eli Manning (New York Giants) zu den Besten auf ihrer Position.

Gut ja, aber keine Elite

Flacco wurde bislang tiefer eingestuft. "Gut ja, aber keine Elite", hieß es immer. In der regulären Saison untermauerte er dies. 22 Touchdowns standen 10 Interceptions gegenüber - Mittelmaß. Dass Baltimore vier der letzten fünf Vorrundenspiele verlor und gerade noch so die Playoffs erreichte, lag auch an der fehlenden Konstanz von Flacco.

Doch dann folgten die Playoffs, die Zeit der wichtigen Spiele. Und mit jeder Partie wurde Joe Flacco besser. Er führte Baltimore zu einem 38:35-Sieg nach Verlängerung bei Peyton Mannings Denver Broncos, beendete anschließend Tom Bradys Traum von der sechsten Super-Bowl-Teilnahme (28:13). Und wer danach immer noch meinte, der 28-Jährige stünde zu Unrecht im Endspiel, den belehrte Flacco in nur 30 Minuten eines Besseren.

Dem Mann, der oft wegen seiner hohen und eher flatternden Würfe kritisiert wird, gelangen drei Touchdown-Pässe in der ersten Halbzeit - in den vorangegangenen 46 Endspielen hatten das nur fünf andere Quarterbacks geschafft. "Ich bin ein Joe-Flacco-Fan, bin es schon immer gewesen", sagte Team-Kollege Ray Lewis begeistert.

Aufgeschlossen zu den ganz Großen

Flacco hat in den diesjährigen vier Playoff-Partien elf Touchdown-Pässe geworfen und mit den NFL-Rekordhaltern Joe Montana (1989) und Kurt Warner (2008) gleichgezogen. Flacco ist also statistisch gesehen auf Augenhöhe mit Montana, der allgemein als bester Spielmacher der NFL-Historie gilt. Flacco selbst findet das "ziemlich cool". Schließlich sei Joe Montana sein Lieblings-Quarterback gewesen.

Auch zu Brady hat der 1,98-Meter-Mann bereits aufgeschlossen. Der Patriots-Quarterback hatte in seinen ersten fünf NFL-Spielzeiten neun Playoff-Spiele gewonnen und war damit alleiniger NFL-Rekordhalter. Ab sofort teilt er sich den Spitzenplatz mit Flacco. Und mit eben jenen neun Playoff-Siegen hat Flacco bereits jetzt so viele K.-o.-Runden-Spiele gewonnen wie beispielsweise Peyton Manning und Bart Starr, die zu den ganz Großen der NFL gehören.
"Joe wurde, warum auch immer, schon seine gesamte Karriere lang viel kritisiert", sagt Tight End Dennis Pitta. "Aber wir haben trotzdem an ihn geglaubt. Er hat im wichtigsten Spiel gezeigt, was er kann." Die Schwarzseher, betont Flacco, seien ihm zwar schon immer egal gewesen. Dennoch ist die kontinuierliche Kritik nicht spurlos an ihm vorübergegangen. "Ich will nie wieder das Gefühl haben, mich verteidigen zu müssen", sagte Flacco.

Demnächst hat er einen Termin bei Steve Bisciotti. Der Ravens-Besitzer hatte seinem Quarterback nach den gescheiterten Vertragsverhandlungen angeboten, ihm im Falle eines Super-Bowl-Gewinns das mit dem 20-Millionen-Jahresgehalt doch noch einmal anzubieten. Genau darauf, so Flacco, werde er jetzt zurückkommen.

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