Mach dich lächerlich und die Show wird lustig: Bei Markus Lanz' sechster "Wetten, dass..?"-Sendung wurde Cindy aus Marzahn auf 50 Cent losgelassen, Heiner Lauterbach fuhr auf einer rollenden Toilette über die Bühne und Markus Lanz hüpfte in eine Badewanne voller Schokolade.
Eigentlich hätte Markus Lanz an diesem Abend seinen Kollegen vom NDR, Hinnerk Baumgarten, und die Schauspielerin Katja Riemann einladen müssen. Vielleicht hätte es ja auf der großen Samstagabendbühne geklappt mit der Kommunikation. So befragte nur Markus Lanz die Schauspielerin Anna Loos und siehe da: Wenn beide mitspielen, klappt es auch mit dem belanglosen öffentlich-rechtlichen Geplapper, ohne dass danach gleich die sozialen Netzwerke glühen und die Feuilletons schäumen.
Nun ist Anna Loos, bei allem Respekt, keine Halle Berry, wie überhaupt aus Hollywood offensichtlich niemand mehr vorbeischauen mag bei "Wetten, dass..?". Zuletzt wurde das mit den anstehenden Oscar-Feierlichkeiten erklärt, diesmal war es einfach so. Immerhin kam der legendäre Rapper 50 Cent. Lanz: "Wie spricht man dich eigentlich an? Sagt man 50? Sagt man Cent?" - "Oh, 50 Cent ist okay", und dann spricht ihn Lanz doch mit "50" an. Er will wissen, wie das war, als der Rapper das letzte Mal angeschossen wurde: "Ich wurde halt angeschossen." Aber Lanz insistiert, und dann erzählt 50 Cent doch noch, wie das war, als die Kugeln flogen.
Ansonsten blieb der Talk auf der Couch auf gediegenem Vorabendniveau. Peter ("Ich heirate eine Familie") Weck war für die älteren und österreichischen Zuschauer des ZDF geladen, Oliver Pocher für die Privatfernsehjugend von nebenan. Dazu das Ehepaar Lauterbach, das offenkundig ein Buch zu promoten hatte, und eben Anna Loos, ohne Ehemann Jan-Josef Liefers.
Oliver Pocher wird von Lanz danach gefragt und gesteht bereitwillig, er arbeite an einem Sixpack. Eingeblendet wird Heiner Lauterbach mit Sixpack. Und Lanz fragt Anna Loos, ob Jan Josef Liefers auch ein Sixpack habe. Danach darf Lauterbach seine 57-jährige Fitness mit Liegestützen unter Beweis stellen, mit seiner Frau auf dem Rücken. Später muss das Paar auf zwei rollenden Toiletten über die Bühne fahren, was wahrscheinlich lustig aussieht. Zeitlupe, bitte! Ja, sah lustig aus.
Den peinlichsten Moment lieferte Depeche Mode
Für den peinlichsten Moment an diesem Abend war denn auch nicht Lanz verantwortlich, auch nicht Cindy aus Marzahn, Oliver Pocher oder die Pipikackawitze rund um das Kloschüsselrennen. Das Peinlichste, man muss es so sagen, war die neue Single der als "größte Band aller Zeiten" angekündigten Depeche Mode, weil die neue Single ("Heaven") dieser größten Band aller Zeiten nur eine bestürzend lahme Version von Portisheads "Glory Box" ist. Lanz rettet auch diesen Reinfall, diesmal mit versierter Musikkritik: "Die Nummer ist gut, die dreht so hinten raus!"
Und "Wetten, dass..?" mit Markus Lanz dreht auch so hinten raus. Überhaupt, auch das muss man so sagen, machen die Änderungen alles viel flotter bei "Wetten, dass..?". Zwar wird Lanz immer da physisch, wo er schlagfertig sein könnte. Aber wo er nicht physisch sein und seine Sportlichkeit demonstrieren kann, offenbart er ungeahnte Qualitäten. Ryan Tedder von OneRepublik fordert Markus Lanz auf, "Amadeus" zu rappen. Das ist natürlich vorher so abgesprochen, wir sind in Wien, aber Lanz hat den Text nicht dabei, worauf Tedder einen Zettel aus der Hose zieht: "It's amazing, I'm more prepared than you are." Und dann macht Lanz aber wirklich so überzeugend den Falco, dass man sich die Augen wischt und der Saal tobt.
Überzeugend ist auch Cindy aus Marzahn als Sidekick, deren Besetzung sich zusehends als cleverer Schachzug erweist. Sie ist sozusagen der Elefant im Wohnzimmer, den aber jeder sieht. Schlau nicht nur ihre Rolle als Aushilfe und die daraus resultierende Distanz, mit der sie Lanz siezt, während sie sich von ihm duzen lässt. Schlau auch, der Trash-Tante das Betatschen und Anmachen der Gäste zu überlassen. Nicht gerade genial, aber es ist witzig, eine Cindy aus Marzahn auf 50 Cent loszulassen - zumal beide sich milieubedingt so fern nicht sind, wie es scheint.
Klappende Klodeckel und der Geruch von durchdrehenden Reifen
Weil Oliver Pocher eine Wette verloren hat, muss er sein Hinterteil schmerzhaft mit Fußbällen beschießen lassen. Lanz platziert erst eine Anspielung auf "50 Shades of Grey" und sagt dann: "Wir machen das jetzt so: Die ersten 30 Sekunden gebückt und dann auf die Knie!" Pocher: "Ist das jetzt 'ne private Ansage oder für das Spiel?" Was lustiger war, als es sich jetzt vielleicht liest. Später, als Michael Bublé mit einer Katzenmaske "Memories" aus "Cats" singen muss, wirft jemand von der Seite ein: "Lass das bloß nicht Tom Hanks sehen." Oliver Pocher. Diesen Namen muss sich merken, wer ihn vergessen haben sollte.
Wie? Ach ja, die Wetten: Ein kleiner Junge klettert zehnmal rund um einen Tisch. Jemand schlägt Nägel in einen Balken, während er mit seinen Hämmern jongliert. Jemand errät Klodeckel an dem Geräusch, das sie beim Zuklappen machen (Lanz: "Ich liebe diese Wette."). Jemand manövriert Hubwagen bei voller Fahrt unter Europaletten. Jemand errät 20 Reifen an dem Geruch, der beim Driften entsteht (Kandidat: "Das ist ein sehr süßlicher Reifen, ein weicher Reifen."). Und die Moderatorenwette (Zuschauerin gegen Lanz) besteht darin, ein Feuerzeug unter einer auf dem Kopf stehenden Flasche wegzuschnippen, ohne dass die Flasche umfällt. Harmloser Kneipenquatsch mit Lanz, den Lanz großzügig verliert.
Auch die Stadtwette verliert Lanz, weil mehr als 500 Videos eingegangen sind, die Wiener beim derzeit angesagten Zappeltanz "Harlem Shake" zeigen. Der Moderator muss deshalb in eine Wanne aus Schokoladenbrühe steigen. Dass er der Versuchung widersteht, sich hierfür wieder frei zu machen und stattdessen den Ruin seines Anzugs in Kauf nimmt, kann ihm kaum hoch genug angerechnet werden. Auch fand er diesmal nicht alles "sensationell". Nun muss er nur noch dieses anknipsbare Dauergekicher abknipsen, dann könnte er sogar Katja Riemann unter die Augen treten.
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