Am 5. Oktober 2011 starb Apple-Gründer Steve Jobs, der Mann hinter den Erfolgsgeschichten von iPod, iPhone und iPad. Seine Nachfolger um Tim Cook versuchen einen schwierigen Balanceakt zwischen seinem Erbe und neuen Ideen.
Rückblick und Bestandsaufnahme – wie geht es Apple ohne iKone?
„Mit Steve Jobs wäre das nicht passiert!” Ein Satz, der dieser Tage fast inflationär benutzt wird. Gemeint ist Apples vermeintlicher Fehlstart mit seinem eigenem Kartendienst. Selbst die seriöse „New York Times” ließ sich zu der Frage hinreißen, ob der legendäre Firmengründer wohl die falschen Adressen-Markierungen und zerknüllten 3D-Bilder toleriert hätte.
Die aktuelle Debatte über den seltenen Apple-Fehltritt belegt, wie groß die Jobs-Nostalgie ein Jahr nach seinem Tod ist – und dass Erinnerung verklärt: Zwar stand Steve Jobs wie kein anderer Firmenchef für seine Marke, er verkörperte das Streben nach schlichter Eleganz und funktionierenden Geräten. Doch auch unter ihm lief nicht alles rund.
Auch bei Steve Jobs gab es Pannen
So versiebte Apple 2008 den Start des Online-Speicherdienstes MobileMe durch massive technische Probleme. Der für seine Wutausbrüche berüchtigte Jobs tobte und tauschte die Führung des MobileMe-Teams aus.
Zwei Jahre später folgte die Antennen-Panne. Vor allem linkshändige US-Nutzer klagten massenhaft über Empfangsprobleme beim iPhone 4. Die Design-Lösung, die Antennen in einem Metallring an der Außenkante unterzubringen, erwies sich bei linkshändigen Nutzern als problematisch. Jobs lakonischer Tipp: „Nutzt doch einfach die rechte Hand zum Telefonieren!“
Dennoch dauerte es gut drei Wochen, bis Apple auf die wie ein Schneeball anwachsende Kritik reagierte: Jobs lud zu einer Pressekonferenz, in der er das iPhone verteidigte und angebliche Schwächen von Konkurrenzgeräten anprangerte. Die aufgeregten Kunden wurden schließlich mit einer kostenlosen Schutzhülle für das iPhone besänftigt. Der Gummiring sollte den Empfang verbessern.
Tim Cook reagiert schneller
Bei den aktuellen Karten-Problemen reagierten die Jobs-Nachfolger viel schneller. Apple gelobte schon nach einem Tag Besserung. Und eine Woche später folgte ein öffentliches „Sorry” des neuen Konzernchefs Tim Cook, gepaart mit dem außergewöhnlichen Vorschlag, vorerst auf Konkurrenzdienste etwa von Google oder Nokia umzusteigen.
Apple ist offener geworden
Diese größere Offenheit ist der auffälligste Unterschied zwischen dem Apple der Jobs-Ära und der Handschrift seines Nachfolgers Cook. Nach abermaligen Vorwürfen der Ausbeutung chinesischer Arbeiter beim Auftragsfertiger Foxconn ließ der Konzern erstmals externe Prüfer in die Betriebe und veröffentlichte eine Liste aller Zulieferer. Und die Aktionäre bekommen die langersehnte Dividende, die Jobs ihnen immer verweigert hat – angesichts des auf rund 120 Milliarden Dollar angewachsenen Geldberges war die bisherige Knauserigkeit allerdings auch immer schwieriger zu erklären.
Jobs wollte kein iPad Mini – Cook schon
Der Bruch mit bisherigen Dogmen geht bis in technische Details: Das iPhone 5 bekam nach fünf Jahren erstmals einen größeren Bildschirm. Seit Monaten wird über ein kleineres iPad-Modell spekuliert. Die Gerüchte werden immer konkreter und bereits Mitte Oktober könnte Cook das iPad Mini vorstellen. Jobs hatte die Geräteklasse einst als „Totgeburt” abgestempelt.
Noch bleibt Jobs der gute Apple-Geist
Und doch schwebt der Geist des alten Chefs immer noch über allem, was Apple heute tut. Er gilt Entwicklern und Fans als Ikone. Die strategischen Weichen für iPhone, iPad, Mac-Design und den Online-Speicher iCloud als Herzstück der Apple-Welt sind alle noch unter Jobs gestellt worden.
Die erste große eigene Innovation oder der erste große eigene Fehler von Cook und seiner Mannschaft müssen erst noch kommen. Auch das neue iPhone 5 wirkt mehr als eine Weiterentwicklung denn als Vorstoß in unbekanntes Terrain.
Apple ist jetzt ein Team – kein One-Man-Show
Was auffällt: Cook (51) versucht ganz bewusst nicht, Steve Jobs zu imitieren. Die Präsentation des iPhone 5 Anfang September wäre seine Chance gewesen, voll ins Rampenlicht zu treten – das Vorgängermodell hatte Cook noch im Schatten des Übervaters vorgestellt, Jobs starb einen Tag später an den Folgen seines langjährigen Krebsleidens. Doch Cook hielt sich auch jetzt weiter zurück und überließ erneut viel Raum seinen Top-Managern wie Marketing-Mann Phil Schiller. Die Botschaft: Apple wird jetzt von einem Team statt einer einzelnen Lichtgestalt geführt. „Ich vermisse Steve jeden Tag”, bekannte Cook im Mai in einem der seltenen Interviews. Aber die Regeln bestimmt jetzt er in Cupertino.
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