Mittwoch, 16. Mai 2012

Die starke Frau bei Facebook - Sheryl Sandberg



Sheryl Sandberg hatte kürzlich eine Art „Coming-out“: In einem Interview offenbarte sie, dass sie jeden Tag um 17.30 Uhr das Büro verlässt, damit sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern zu Abend essen kann. Das macht sie, seit sie Kinder hat, bei ihrem früheren Arbeitgeber Google ebenso wie jetzt bei Facebook. Nur traute sie sich lange nicht, darüber zu reden. Es könnte ihr ja als Schwäche ausgelegt werden, dass sie nicht bis spät abends im Büro bleibt.

Für die 42 Jahre alte Sandberg trat freilich das Gegenteil eines Reputationsschadens ein: Sie stand noch mehr als Powerfrau da als ohnehin schon. Als eine, die einfach alles unter einen Hut bekommt. Sie ist die rechte Hand von Mark Zuckerberg, die das operative Geschäft von Facebook schmeißt. Sie bewegt sich geschmeidig auf dem Weltparkett, ob in Davos, in einem Beratergremium für den Präsidenten Barack Obama oder als Gastgeberin von Partys, auf denen schon mal Lady Gaga erscheint. „Forbes“ zählt Sandberg zu den fünf mächtigsten Frauen der Welt, in einer Liga mit Angela Merkel und Hillary Clinton. Und trotz alledem schafft sie es auch noch, ihre Familie nicht zu kurz kommen zu lassen? Es ist fast zu viel Perfektion, um wahr zu sein.

Ein Schliff im Auftritt, den Zuckerberg nicht besitzt

Eine bessere Repräsentantin als Sandberg könnte Facebook vor seinem Börsengang gar nicht haben. Auf der Roadshow, der Werbetour für Investoren, war von Sandberg in dieser Woche viel mehr zu sehen als von Zuckerberg, und vielleicht war das auch gut so. Sie verfügt in ihrem Auftreten über einen Schliff, den der Vorstandschef weder besitzt noch anzustreben scheint. Seinen ersten Auftritt in New York etwa absolvierte er in seinem typischen Kapuzenpulli und Jeans.

Vor allem hören sich die Dinge aus dem Munde von Sandberg überzeugender und sympathischer an. Wenn Zuckerberg in dem Facebook-Videoclip zum Börsengang mit seiner roboterhaft modulierenden Stimme sagt: „Die Mission von Facebook ist es, die Welt offener und vernetzter zu machen“, wirkt das fast bedrohlich. Es lässt gleich an den Datenhunger des Unternehmens denken, das die persönlichen Informationen seiner Nutzer ausschlachtet, um die Werbeumsätze zu optimieren.

Sandberg verkauft Facebook auf viel sanftere Art: „Ich glaube wirklich daran, was Facebook macht“, sagte sie in dem Interview und schwärmte, wie die Seite dabei helfen kann, Organspender zu finden oder auch leibliche Mütter. In ihrer Weltverbesserungsrhetorik steckt sicher Kalkül, aber sie bringt die Botschaft gut herüber.

Auch den künftigen Aktionären macht sie große Verheißungen und stellt sprudelnde Werbeumsätze in Aussicht. Sie jubelt Facebook als ideale Werbeplattform für Unternehmen hoch, weil sie sich hier die Empfehlungen von Freunden untereinander für zielgenaue Anzeigen zunutze machen können.

Der Starrummel um Sheryl Sandberg mag überraschen in einer Branche, in der eher die Jungunternehmer zelebriert werden. Sandberg ist weder Gründerin noch steht sie als Nummer zwei hinter Mark Zuckerberg ganz an der Spitze. Aber sie hat Glanzkarrieren bei zwei der einflussreichsten Internetadressen der Gegenwart gemacht und dabei exzellentes Gespür bewiesen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein: Wenn Facebook nun sein Wall-Street-Debüt feiert, kann sie behaupten, bei den beiden prominentesten Börsengängen aus der Internetbranche seit der Jahrtausendwende an Bord gewesen zu sein: Google im Jahr 2004, und nun eben Facebook.

Schon bei Google dürfte Sandberg finanziell ausgesorgt haben. Spätestens der Börsengang von Facebook macht sie nun aber zur Milliardärin, zumindest auf dem Papier. Laut Börsenprospekt hält sie knapp 1,9 Millionen Aktien, dazu kommen Bezugsrechte für 39,3 Millionen Papiere, die sie im Laufe der nächsten Jahre ausüben kann. Das Gesamtpaket hätte am oberen Ende der von Facebook angestrebten Preisspanne von 28 bis 35 Dollar einen Wert von 1,4 Milliarden Dollar.

(Quelle FAZ)

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